12.06.2018 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Technik
3D-Druck: Bauteile schnell und automatisiert testen
Heute lässt sich so gut wie alles in wenigen Stunden per 3D-Druck fertigen. Aber sicherzustellen, dass die so entstandenen Teile auch wirklich funktionieren, dauert oft noch deutlich länger.
Heute lässt sich so gut wie alles in wenigen Stunden per 3D-Druck fertigen. Aber sicherzustellen, dass die so entstandenen Teile auch wirklich funktionieren, dauert oft noch deutlich länger.
Die Sandia National Laboratories haben dafür eine eine sechseckige Arbeitszelle mit einem zentralen Roboter entwickelt. Der Roboter prüft die Leistung und die Eigenschaften von 3D-gedruckten Bauteilen und erreicht dabei einen hohen Durchsatz. Die Forscher gaben dem flexiblen, modularen und skalierbaren System den Namen „Alinstante“, spanisch für „sofort“. Sandia will Industriepartner gewinnen, die weitere Einsatzbereiche des robotischen Testsystems erschließen helfen.
Die Technologie hinter dem beschleunigten Testverfahren beruht auf einer Problematik, der sich der Materialwissenschaftlers Brad Boyce vor einiger Zeit gegenübersah. Boyce arbeitete an einem Forschungsprojekt, das die Prüfung 3D-gedruckter Bauteile verbessern sollte. „In der herkömmlichen Fertigung mit Metallen hat man genug Erfahrung und Fingerspitzengefühl in der Prozesssteuerung, um Metalle mit gleichbleibenden Eigenschaften herzustellen. Als wir zu laserbasierten Fertigung übergingen, mussten wir einen Schritt zurücktreten und noch einmal über die Prüfverfahren nachdenken“, sagt Boyce.
Boyce hatte bereits eine Maschine für das schnelle Testen auf Zugbelastung entwickelt, aber für dieses Projekt wusste er, das er eine universeller einsetzbare, flexiblere Lösung benötigen würde. Er wandte sich daher eine Robotik-Gruppe der Sandia National Laboratories.
„Nachdem wir uns für die Automatisierung entschieden hatten, merkten wir, dass die Grenzen überwunden werden konnten“, so Boyce. „Ja, wir haben einiges an Zeit und Geld investiert, aber tatsächlich lag das Problem darin, uns vom eingefahrenen Denken zu verabschieden und zu verstehen, dass wir eine schnellere Lösung brauchten.“
Eine modulare, flexible Arbeitszelle
Der handelsübliche Roboter sitzt im Zentrum einer sechseckigen Arbeitszelle mit bis zu sechs wie Blütenblättern angeordneten Arbeitsstationen darum herum. Jede dieser Stationen lässt sich mit einem anderen kommerziellen oder individuell maßgeschneiderten Testsystem ausrüsten und je nach Art der erforderlichen Tests zu- oder abschalten. Durch die hexagonale Form lassen sich viele Arbeitszellen vergleichbar einer Wabe kombinieren. Das erlaubt die Übergabe von einer zur anderen Arbeitszelle und damit fast grenzenlose Testkapazitäten.
Unter der Leitung von Sandia-Maschinenbauingenieur Ross Burchard entstand das Design der Arbeitszelle. Vor zwei Jahren hatten Burchard und ein weiterer Mitarbeiter viele unterschiedliche Konfigurationen erkundet, bevor sie sich auf die sechseckige Form festlegten.
Für Burchard galt es, eine Arbeitszelle mit einem Roboter und mehreren Arbeitsstationen zu entwickeln, die gleichzeitig modular und skalierbar ist. Nachdem der Plan stand, bauten Burchard und sein Team die erste Zelle. Dabei setzten sie wo immer möglich auf handelsübliche Komponenten, um Kosten zu sparen.
Zusätzlich zum Bau der hexagonalen Bodenplatte und des Sockels für den Roboter, installierte das Team überall ein Sicherheitslichtgitter, wo Personen und Roboter sich in die Quere kommen könnten. Sobald eine Person in die Arbeitszelle hineingreift oder der robotische Arm die Zelle überschreitet, wird der Lichtstrahl unterbrochen und der Roboter automatisch gestoppt.
„Sicherheit steht bei uns immer an der ersten Stelle“, sagt Tim Blada, der Roboterspezialist, der für die Softwareschnittstelle verantwortlich zeichnet.
Schnelle, automatisierte Teileprüfung mit intuitiver Benutzerschnittstelle
In einigen Wochen will Blada die Benutzerschnittstelle so weit entwickelt haben, dass sie auch einem Nichtfachmann das Platzieren von Teilen auf einer Ablage im Teileregal und die Auswahl einiger Tests erlaubt und die ihm die Ergebnisse automatisch bereitstellt. Die Software müsse zudem modular aufgebaut sein, so dass sich neue Module und Tests einfach hinzufügen lassen, so Blada.
Der Prototyp der Alinstante-Arbeitszelle hat nur zwei Arbeitsstationen und einen Ablage für die Teile. Die erste Station besteht aus einem handelsüblichen 3D-Scanner, der für einen direkten quantitativen Vergleich mit dem ursprünglich beabsichtigten Design den Scan in ein 3D-Modell verwandeln soll. Die zweite Station ist ein Lastrahmen für den Test physischer Eigenschaften, etwa Dehnbarkeit und Druck. Im nächsten Schritt wollen die Forscher Alinstante mit einem laserinduzierten Plasmaspektrometer ausstatten. Die entsprechenden minimalinvasiven Tests sollen sich besonders im Vergleich unterschiedlicher Chargen bewähren, was die chemische Zusammensetzung der Teile betrifft.
„Sandia hat die Möglichkeiten, diese Tests durchzuführen, aber es dauert ein paar Wochen, jeden einzelnen zu planen, was sich dann in einem oder zwei Monaten Testzeit aufsummiert. Alinstante kann die Planung verkürzen und die Abwicklung enorm beschleunigen“, sagt Burchard. Mit Alinstante lassen sich auch das Risiko menschliche Fehler eindämmen und die Lösung liefert Ergebnisse, die konsistenter und reproduzierbarer sind als jene menschlicher Tester.
Erst am Anfang
„Momentan kratzt Alinstante gerade mal an der Oberfläche dessen, was möglich ist“, sagt Boyce. „Wir könnten den Drucker und Bearbeitungssysteme für die Wärmebehandlung oder das Schleifen und viele andere integrieren.“
Röntgentomografie, Korrosionsprüfung und Dichtemessungen sind nur einige Beispiele für Tests, die das Team in Alinstante einbauen will. Blada ergänzt: „Alinstante lässt sich für Rapid Prototyping oder die Kleinserienfertigung einsetzen. Das wäre sinnvoll für jedes kleine Unternehmen, das Kleinserien fertigt und die Teile prüfen oder verpacken will.“
Die Alinstante-Gruppe um Boyce und Blada hält Ausschau nach Partnern, die zur Entwicklung neuer Module etwas beitragen können, was die Anforderungen an schnelles Testen, Prototyping und Entwicklung betrifft. Als Roboterexperte freut sich Blada darauf, Alinstante im Dauereinsatz zu sehen, während sich Boyce als Materialwissenschaftler die Entdeckung von Werkstoffen und grundlegende Fortschritte in der Leistung und Verlässlichkeit von Legierungen erhofft.
Bild: Materialwissenschaftler Brad Boyce von den Sandia National Laboratories vor der Roboter-Arbeitszelle Alinstante, die ein 3D-gedrucktes Bauteil scannt und mit dem Originalentwurf vergleicht. Das Ziel von Alinstante: Tests von 3D-gedruckten Teilen beschleunigen und das Werkstoffwissen vergrößern. Foto: Randy Montoya
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