22.03.2023 – Kategorie: Fertigung & Prototyping
Additive Metallfertigung: Simulation als Schlüssel zum Erfolg
Die additive Fertigung bringt viele Vorteile mit sich: Sie verkürzt nicht nur die Produktionszeiten, sondern verbessert gleichzeitig auch die Qualität. Ein großes Hindernis ist jedoch noch die mangelnde Genauigkeit im Design. Zur Lösung dieses Problems setzte der finnische Technologieriese Wärtsilä auf die Fähigkeit von Amphyon zur Simulation der additiven Metallfertigung.
Additive Metallfertigung: Laufräder sind die rotierenden Komponenten von Kreiselpumpen, die Flüssigkeit aus dem Rotationszentrum nach außen beschleunigen. Der Einsatzbereich dieser Laufräder ist sehr breit und reicht von der Energieerzeugung bis hin zum Schiffsbau. Da sie für unterschiedliche Anwendungen häufig maßgeschneidert werden, produzieren Hersteller Laufräder in großen Stückzahlen. So stellen sie sicher, dass immer Ersatz verfügbar ist.
Additive Metallfertigung als Lösung?
Pumpenlaufräder, obwohl geläufig, sind sie sehr teuer. Die hohen Kosten für Fertigung und Lagerung haben Unternehmen dazu veranlasst, nach erschwinglicheren Lösungen zu suchen. Zudem hat sich für die Produktion die additive Fertigung mit ihren Möglichkeiten als immer interessantere Alternative etabliert. Ein zukunftsorientiertes Unternehmen, das diese Möglichkeiten nutzt, ist Wärtsilä. Seit seiner Gründung vor fast 200 Jahren in Finnland hat sich Wärtsilä zu einem führenden Unternehmen bei der Einführung neuer Technologien und Lebenszykluslösungen für die Marine- und Energiemärkte entwickelt. Angesichts dieses technischen Erbes verwundert es nicht, dass das Unternehmen bei der Optimierung des Produktionsprozesses von Laufrädern eine Vorreiterrolle gespielt hat. Ergebnis ist ein additiv gefertigtes Pumpenlaufrad, das leichter ist als das Standardrad, aber genauso robust.
Das Laufrad durchlief zwei Iterationen. Jede dieser Iterationen führte zu einem Laufrad, das leichter war als das vorherige und Hunderte von Teststunden ohne Bruch, Ausfall oder Abweichung vom Standardbetrieb überstand. Mit der erfolgreichen Produktion eines Pumpenlaufrads ist das Unternehmen einer Kosteneinsparung durch die additive Fertigung nähergekommen.
Kooperation mit drei Fertigungsspezialisten
Ein weiterer Pluspunkt der additiven Fertigung ist Senkung der Ausgaben im Gegensatz zu konventionellen Herstellungsprozessen: So musste Wärtsilä Prototypen nicht mehr mit Guss erstellen. Bei diesem Prozess sind normalerweise Werkzeuge erforderlich, die zehntausende Euro kosten. Für die additive Fertigung können Ersatzteile je nach Bedarf vor Ort hergestellt werden, wodurch lange Vorlaufzeiten und teure Lageranforderungen der Vergangenheit angehören.
Bei der Herstellung des Laufrads hat Wärtsilä mit drei anderen Fertigungsspezialisten kooperiert: Zum einen mit Oqton, dem Entwickler der additiven Simulationssoftware Amphyon für Metalle, und zum anderen mit den Unternehmen nTopology für Design-Software und SLM Solutions, einem Partner für additive Metallfertigung. Die Zusammenarbeit führte zu mehreren bahnbrechenden Errungenschaften, darunter der Druck anspruchsvoller rotierender Teile und erhebliche Verringerungen der Produktionsvorlaufzeit sowie der Kosten für die Nachbearbeitung.
„Unsere Arbeit hat uns gezeigt, was wir erreichen können, wenn verschiedene Unternehmen mit erstklassigem Fachwissen an einem gemeinsamen Ziel arbeiten“, sagte Francesco Trevisan, Experte für additive Fertigung bei Wärtsilä. „Dieses Laufrad ist das Ergebnis verschiedener technischer Innovationen und hat vorteilhafte Werte für die Endanwendung an Schiffsmotoren geliefert. Wir haben eine Komponente mit derart leichtem Gewicht erhalten, wie wir es uns vor diesem Projekt nie hätten vorstellen können. Dieser Erfolg schafft neue Impulse für weitere Anwendungen der additiven Fertigung in der Schiffsindustrie.“
Simulation als Schlüssel zum Erfolg
Amphyon war maßgeblich an der Verwirklichung des Projekts beteiligt. Durch die Simulation des eigentlichen additiven Drucks und die Möglichkeit, Verzerrungen, die während der Produktion entstehen würden, bereits im Modell auszugleichen, beendete Amphyon das Rätselraten bei dem Prozess.Normalerweise basiert der Prozess der Perfektionierung eines in Metall gedruckten Modells ohne Simulationssoftware auf Iterationen – der Herstellung verschiedener „Ableitungen“ (Versionen) einer Komponente – bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Auch bei der additiven Metallfertigung ist jede Iteration mit einem großen Aufpreis verbunden. Durch die Fähigkeit von Amphyon, den additiven Metallprozess zu simulieren und die Modelle beim Design vorzuverformen, ist es SLM Solutions gelungen, ein genaues Design mit weniger Teileversionen und geringeren Kosten zu entwickeln.
Der Schiffsimpeller ist außerdem in der Masse geringer als ein konventionell hergestellter Impeller, was mit nTopology und der Free-Float-Technologie von SLM erreicht wurde. NTopology erlaubte es, eine interne Geometrie und Gitterstrukturen zu entwerfen, die unter Beibehaltung der Steifigkeit zu verringertem Gewicht führen. Die Gitterstrukturen waren zudem an der Zylinderachse ausgerichtet, was die Rotationseigenschaften des Laufrads unterstützte. Darüber hinaus wurde eine Strukturanalyse durchgeführt, um den inneren Gitterträger auf Basis der Ergebnisse der Belastungstests an verschiedenen Stellen auszuhöhlen bzw. zu verstärken.
Additive Metallfertigung: Weitere Anpassungen in Amphyon
Das Design wurde in Amphyon weiter angepasst, um Verformungen zu verhindern. Um den Verzug des Pumpenlaufrads zu berechnen, berücksichtigt Oqtons Simulationssoftware für die additive Fertigung in Metall die thermischen Spannungen während des Bauprozesses, den Spannungsabbau und das Entfernen von Stützstrukturen. Anstatt die komplexen Gitterstrukturen als Netz zu berechnen, wurde ein neuer Homogenisierungsansatz verwendet, der die Berechnungszeit deutlich verkürzt. Die endgültige Analyse dauerte auf einer CAD-Workstation nur 1 Stunde und 35 Minuten. Das Ergebnis war ein verzugskompensiertes oder vorverformtes Modell, das Wärtsilä ermöglichte, ein leichtgewichtiges Teil zu bauen, das fast durchgehend Netzstrukturen aufweist.
Schließlich wurde die Free-Float-Technologie verwendet, um Oberflächen mit einem Winkel von weniger als 45 Grad zu drucken. Solche Oberflächen erfordern normalerweise Stützstrukturen, die bei der Nachbearbeitung entfernt werden. Bei einem komplexen Teil wie einem Pumpenlaufrad wäre das Entfernen der Stützstrukturen mit Werkzeugen jedoch nicht möglich, weil sie unzugänglich sind. Im Falle dieses Pumpenlaufrads konnten dank der Smart-Vektor-Funktion von SLM Oberflächen mit einem Winkel von 20 Grad gedruckt werden.
Minimiertes Gewicht und maximale Leistung
Das resultierende Pumpenlaufrad wurde an einem echten Labormotor mit mehreren Messungen getestet, um die Leistung bei unterschiedlichen Motorlasten herauszufinden. Es wurden reale Umgebungsbedingungen wie eine Temperatur von 120 Grad und eine Drehzahl über 2.600 U/min angewendet.
„Mit dem gemeinsamen Wissen dieser vier Unternehmen haben wir eine Anwendung entwickelt, die den Einsatz der additiven Fertigung im Energiesektor auf die nächste Stufe hebt“, sagte Lorenz Kropholler, Projektmanager bei SLM Solutions. „Die Kombination aus innovativen neuen Werkzeugen im Bereich Design, Vorverformung und Produktion hat ein Teil hervorgebracht, das sich in vielerlei Weise abhebt: minimiertes Gewicht, maximale Leistung und eine Vorlaufzeit von nur wenigen Tagen wurden in einem Teil kombiniert.“
Von Nils Keller.
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