05.12.2022 – Kategorie: Hardware & IT
Anlagensimulation: Mit dem Digital Twin zum intelligenten Solarpark
Solarenergie ist eine wertvolle Stromquelle und nimmt heute mehr denn je an Bedeutung und Tragweite zu. So investieren viele innovative Unternehmen in die Entwicklung dieser Technologie, um aus der Kraft der Sonne das Beste herauszuholen und so nachhaltig Strom zu erzeugen. Hexagon will mit seiner Tochtergesellschaft R-evolution das Engagement für Nachhaltigkeit verdoppeln, um den Übergang zu einer nachhaltigen globalen Wirtschaft zu beschleunigen.
Anlagensimulation: R-evolution ist der Ausgangspunkt einer Reise, durch die Hexagon, Anbieter von Lösungen für die Produktentwicklung und Fertigung, die Entwicklung grüner Technologiesysteme für die zahlreichen Nachhaltigkeitsherausforderungen unserer Erde beschleunigen will. In Archidona, im Südwesten Spaniens, erstreckt sich auf einem 40 Hektar großem Feld ein Solarpark, der zum einen dem Energiegewinn und zum anderen der Forschung dient. Letztes Jahr erwarb Hexagon diesen Park, um wertvolle Erfahrungen mit Solarenergie zu sammeln.
Anlagensimulation: Optimierung von Solarparks als Ziel
Die erste Anlage, Archidona 1, stellt eine Leistung von 8,24 MWp bereit und wurde im September 2021 an das spanische Stromnetz angeschlossen. Der Solarpark verfügt über 20.592 Panels, die sich jeweils um eine Achse drehen können, damit sie sich nach dem täglichen Lauf der Sonne ausrichten können. Mit der Anlage Archidona 2 soll die Gesamtkapazität auf 16,44 MWp erhöht werden. Das ist genug, um ein Dorf mit 6.000 Einwohnern jährlich mit Strom zu versorgen.
Ziel ist es mittels Anlagensimulation, den intelligentesten Solarpark der Welt aufzubauen und dabei einen um 30 Prozent höheren Wirkungsgrad zu erzielen als vergleichbare Anlagen, die ohne Hexagon-Technologien laufen. Die von Hexagon angestrebten Effizienzverbesserungen erstrecken sich auf alle Bereiche von der Planung, dem Entwurf, der Herstellung, dem Bau, dem Betrieb bis hin zur Optimierung von Solarparks.
Anforderungen an die mechanische Leistung von Solaranlagen
In Solarmodulen gibt es keine beweglichen Teile – was die Hauptursache für Zuverlässigkeitsprobleme in anderen Stromerzeugungssystemen darstellt. Die Lebensdauer eines Moduls hängt weitgehend von der Stabilität und Korrosionsbeständigkeit der Materialien ab. Dennoch gibt es einige Faktoren, die die Leistung eines Solarparks verringern oder zum Ausfall der Module führen können. Fast alle diese Mechanismen hängen mit Witterungseinflüssen oder temperaturbedingten Belastungen der Platten oder der tragenden Strukturen zusammen. Hexagon nutzte Geospatial- und Geosystem-Scandaten, um einen digitalen Zwilling der Anlage mit Hilfe der Hexagon-Software Cradle CFD zu erstellen. Auf diese Weise ließen sich reale, bereits installierte Daten und Scandaten von den tatsächlichen Solartrassen verwenden, um damit ein sehr genaues Modell des Geländes und der Anlage zu erstellen.
Mit Hilfe präziser 3D-CFD-Simulationen für Bedingungen wie Windgeschwindigkeit, Windrichtung und Ausrichtung der Panels konnte mit der AI/ML-Software Odyssee CAE von Hexagon ein leistungsstarkes Reduced Order-Modell erstellt werden. Demnach war die einzige Windrichtung, die von Belang war, ein Ostwind (Bild 1), der in der Nähe des südöstlichen Abschnitts des Solarparks komplexe Rezirkulationsmuster aufwies. Dies ermöglichte die genaue Vorhersage der Auswirkungen der Strömung auf die Struktur der Panels, was zur Ergreifung von Hilfsmaßnahmen führte. CFD kam zum Einsatz, damit die Auswirkungen auf die Strukturen der Solarmodule an schrägen Standorten bewertet werden konnte: Es zeigte sich, dass diese minimal waren.
„Was-wäre-wenn“-Analysen auf der Baustelle
Durch den Einsatz von Cradle CFD wurde eine Vielzahl von „Was-wäre-wenn“-Analysen auf der Baustelle ermöglicht: Starke Winde können Solarmodule erfassen und verdrehen, was zu massiven Schäden an den Modulen selbst führt. Solarmodule können außerdem überhitzen: Je heißer sie werden, desto geringer ist ihre Fähigkeit, Strom zu erzeugen. Daher ist die Möglichkeit der Nutzung lokaler Windkühleffekte zur Steigerung der Stromerzeugung für die Betreiber von Solarparks von Interesse.
Bild 2 zeigt ein Schema der Operation Digital Twin und skizziert die Arbeitsabläufe des Anlagenbetreibers in Bezug auf ein lokales Wetterereignis. Die Durchführung von Multiphysik-Fluid-Struktur-Mehrkörpersimulationen mit Cradle CFD und Adams zeigt, dass der auf die Solarmodule einwirkende Winddruck jenseits von 40° Neigung problematisch für ihre strukturelle Sicherheit sein könnte. Als eines der nützlichsten Ergebnisse dieses Projekts hat sich schließlich die Verbindung von Cradle CFD mit der Hexagon Xalt-Technologie erwiesen: Die Anlagenbetreiber können mit Hilfe von Augmented Reality und Tablets oder Smartphones die Anlage sowie Fluidströmungseffekte und thermische Temperaturen virtuell betrachten (Bild 3) und die Anlagensimulation so perfektionieren.
Die Berechnung jedes 3D-Cradle-CFD-Modellszenarios dauerte typischerweise etwa eine Stunde auf einem Multicore-PC. Sobald jedoch genügend Simulationen in Odyssee durchgeführt wurden, konnte ein vollständiger digitaler Zwilling der Anlage in Form eines Reduced Order CFD-Modells erstellt und auf einem Laptop ausgeführt werden. Damit können die Betreiber in Sekundenschnelle eine Vielzahl von Szenarien durchspielen, die an diesem Tag aufgrund der vorherrschenden Wetterbedingungen zutreffen könnten. Dies ist eines der leistungsstärksten Ergebnisse des Hexagon Archidona-Solarparkprojekts.
Anlagensimulation: Fazit und Ausblick
Die Engineering-Tools Cradle CFD und Adams MBD von Hexagon wurden eingesetzt, um thermische, strömungstechnische und strukturelle Auswirkungen auf den Solarpark zu simulieren und so eine intelligente digitale Realität des gesamten Solarparks zu schaffen. Durch die Kombination eines operativen digitalen Zwillings des Parks mit Echtzeitüberwachung und Wettervorhersage können die Betreiber prognostizieren, wie die Anlage auf Umweltbedingungen reagieren wird, und so Schäden vermeiden und gleichzeitig die maximale Stromerzeugung aufrechterhalten. Ziel ist es, dass Archidona der intelligenteste und effizienteste Solarpark der Welt wird, der potenziell schädliche Einflüsse wie Wind und Überhitzung vorhersehen und sich dagegen schützen kann. In Archidona gelang es Hexagon mit Hilfe eines KI-basierten Reduced Order-Modells eine Anlagensimulation auf Basis digitaler Zwillinge zu erstellen, die zur Information und Optimierung des Anlagenbetriebs verwendet werden können.
Diese Nutzung aller verfügbaren Simulations- und Sensordaten für eine bessere Entscheidungsfindung im Solarpark in Bezug auf Angebot und Nachfrage sowie für das Anlagenmanagement ist entscheidend für Leistungsverbesserungen. Die Anlage ist heute weitgehend autonom. Die Hexagon-Technologien beschleunigten diese Entwicklung, indem sie datengestützte Systeme zur Steuerung weiterer Funktionen des Solarparks einsetzten. Die Nachhaltigkeitsmission von Hexagon ist ganz darauf ausgerichtet, virtuelle und reale Daten zu nutzen, um die Effizienz, Produktivität und Qualität von Anlagen für erneuerbare Energien zu steigern – und zwar so, damit die natürlichen Ressourcen geschont werden und die Verschwendung gemindert wird.
Von Erik Josefsson und Keith Hanna.
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