01.02.2023 – Kategorie: Architektur & Bau
Architekturmodellierung: So funktioniert Gebäudeanalyse heute
Die Analyse von Gebäudemodellen ist in der Software von Linear eigentlich schon fast ein alter Hut. Sie ist ein sehr gerne und intensiv genutztes Programmmodul. Themen wie mehrteilige Wände und Böden, Abhangdecken, verschachtelte Teilmodelle, Geländetopographien – um nur einige zu nennen – sind Dinge, die das Modul beherrscht. Dennoch entwickelt der Anbieter seit eineinhalb Jahren an einer neuen Version der Gebäudeanalyse. Warum?
Architekturmodellierung in der Praxis: Die TGA-Software Linear arbeitet mit zwei Algorithmen – einem der AutoCAD Architecture-Modelle analysiert und einem, der auf Revit-Modelle spezialisiert ist. Beide werden aktiv gepflegt und weiterentwickelt, wobei der Algorithmus für Revit der neuere, modernere ist. Beispielsweise ist es hiermit möglich, IFC-Architekturen in Verknüpfungen zu analysieren, was in BIM-Prozessen eine vorteilhafte Trennung von Zuständigkeiten ermöglicht. Diese Möglichkeit wünschen sich zunehmend auch die AutoCAD-Kunden als Ersatz für eine Umwandlung der IFC in AutoCAD Architecture-Modelle. Da das Bessere des Guten Feind ist und es selten etwas gibt, was sich nicht noch weiter verbessern ließe, hat sich Linear dazu entschieden, einen neuen Algorithmus zu entwickeln. Dieser löst die beiden bestehenden Algorithmen a und der es ermöglicht, alle gewünschten Szenarien abzudecken. Was das verändert und was es besser macht, zeigt dieser Beitrag.
IFC-Link vs. native Architekturmodellierung
Versucht man aus einer Architektur-Applikation, wie zum Beispiel ArchiCAD, per IFC zu einem nativen Revit- oder AutoCAD Architecture-Modell zu kommen, kann dies aufgrund der unterschiedlichen Modellierungsmöglichkeiten nur sehr eingeschränkt funktionieren.
Linear hat diesen Weg in der Vergangenheit dennoch gewählt, um IFC-Modelle unter AutoCAD zu analysieren. Sie haben aus IFC-Wänden, Fenstern und Türen „richtige“ AutoCAD Architecture-Wände, -Fenster und -Türen generiert. Die darstellerische Genauigkeit hat dabei natürlich ihre Grenzen. Der wichtigste Grund für diese Vorgehensweise war die noch überschaubar gute Qualität der im Feld existierenden IFC-Dateien. Nach dem Import hatten die Modelle zum Teil so große Defizite, dass sie manuell korrigiert werden mussten – und das geht eben nur, wenn man über den Import ein „richtiges“ oder natives Modell generiert.
Aus heutiger Sicht passt dieses Argument nicht zu den Anforderungen an Agilität und Verbindlichkeit der Planungsprozesse. Der TGA-Fachplaner kann und möchte sich nicht mit der Korrektur von fehlerhaft modellierten und exportierten Gebäuden auseinandersetzen, zumal, je nach BIM-Prozess, ein regelmäßiger Abgleich der Modelle gefordert wird. Das würde zu regelmäßigen Korrekturvorgängen führen. Ein weiterer Knackpunkt hier ist die Verkehrung der Verantwortlichkeiten. Der TGA-Fachplaner übernimmt mit der Veränderung des Modells eine Aufgabe in einem Bereich, in dem eigentlich nur der Architekt Autorenbefugnisse haben sollte. Die Ergebnisse seiner (Korrektur-)Leistung kann er zudem auch nie wieder in den BIM-Prozess zurückgeben – sie sind also verloren. Und dann ist der mögliche Verlust darstellerischer Genauigkeit auch nicht gewünscht.
All dies hat bei Linear unter Revit bereits zur Entscheidung geführt, verknüpfte IFC-Modelle vor den Importierten zu präferieren, da für den Anwendungsfall Gebäudeanalyse geometrische Korrektheit wichtiger ist als Editierbarkeit. Unter AutoCAD geht Linear nun denselben Weg. Statt das Modell mit Wänden, Fenstern und Türen „nachzubauen“, erzeugen sie mit der AutoCAD 3D-Modellierung ein exaktes Abbild des Architekturmodells.
Hier greift die nächste Generation der Gebäudeanalyse. Der neue Algorithmus ist unabhängig vom zugrundeliegenden Datenmodell. Er kann für alle Modelle verwendet werden, solange diese semantisch korrekten Flächen im dreidimensionalen Raum liefern. Vereinfachend ausgedrückt muss der Algorithmus nur zwei Dinge wissen: wo ist die Fläche und was ist die Fläche. Gehört sie zu einer Wand, einem Fenster, einem Boden oder zu einer Raumdefinition?
Neben der größeren Präzision bei der Analyse ist ein weiterer Pluspunkt des neuen Verfahrens die Möglichkeit, direkt mit den vom Architekten vorgesehenen Raumdefinitionen zu arbeiten – unabhängig von deren Komplexität. Es ist also nicht nötig, Räume zu importieren oder neu zu definieren und vielleicht mit den Nachteilen oder Ungenauigkeiten der Raumdefinitionen im Zielsystem zu leben. Auch Ärger mit „nicht perfekt geschlossenen Wandkonturen“ und ähnlichen kleinen Unstimmigkeiten im Architekturmodell, ist damit Vergangenheit.
Anforderungen an die Gebäudemodelle
Die Anforderungen an ein zu analysierendes Gebäudemodell sind zunächst einmal immer dieselben, unabhängig davon, ob man sich im Kontext der nativen Modellierung, also „Closed BIM“ bewegt, oder das Modell per Transportformat, also IFC erhält.
- Das Modell muss definierte Räume haben. Räume sind die Ausgangsbasis jeder Analyse. So ist es für eine Gesamtbetrachtung zwingend, dass alle Gebäudebereiche mit Räumen „gefüllt“ werden. In frühen Phasen der Planung reicht es aus, große Bereiche oder Zonen als Räume zu definieren. Eine kleinteiligere Betrachtung braucht es erst dann, wenn man wirkliche Raumlasten benötigt.
- Im Modell müssen größere Schächte als solche gekennzeichnet werden. Nicht jeder Schlitz in der Wand oder die ausgesparte Mauerlücke für die Entwässerungsleitung muss gekennzeichnet werden, wohl aber der Aufzugsschacht oder der große Schacht für die Luftkanäle.
- Korrekte Klassifizierung der Bauteile ist wichtig für Verständlichkeit und Verarbeitbarkeit der Analyseergebnisse in der Architekturmodellierung. Es muss also maschinell lesbar an Bauteilen stehen, was sie darstellen. Denn für die Gebäudeanalyse ist eine Glasfläche von einer Betonfläche zunächst schwer unterscheidbar. Sie stellt nur fest, dass der Wandaufbau an der Stelle des Fensters anders ist als im Rest der Wand.
- Die grafische Detaillierung für die Analyse sollte sinnvoll gewählt sein. Modellierte Dachziegel, Fasen an Betonkanten oder die Absturzsicherung an Außenfenstern sind schöne Details im Gebäudemodell, für die Gebäudeanalyse aber wenig sinnvoll.
Noch mehr (sinnvolle) Daten in der Architekturmodellierung?
Über die Gebäudegeometrie hinaus kann ein Modell – gerne auch anwachsend im Planungsfortschritt – weitere Informationen tragen, die direkt in die Analysen und die Architekturmodellierung einfließen können. Unter anderem sind das:
- Materialinformationen. Der genaue Aufbau von Wänden, Decken und Dächern kann direkt im Modell mitgeliefert werden. Im Idealfall ist der Aufbau wirklich modelliert. Das heißt, die einzelnen Bauteilschichten liegen mit ihren konkreten Schichtstärken vor.
Auf diese Weise lassen sich auch schwierige Situationen, wie zum Beispiel eine Teilverklinkerung, sauber erkennen.
- Geländedaten. Von der einfachen Eingabe einer Geländehöhe bis hin zu vollständig modellierten Geländetopologien, um erdreich-angrenzende Bauteile zu berechnen.
- Sollzustände, also Daten, wie die mit dem Bauherrn vereinbarten Solltemperaturen für Heizen und Kühlen, aber auch eine geforderte Luftkonditionierung.
- Lasten, also beispielsweise Personen- Licht- oder Maschinenlasten.
Sind diese Informationen nicht im Modell hinterlegt, werden Sie in Linear Building mit einfachen Mitteln erfasst. Die so erfassten Daten haben auch nach Aktualisierungen des Modells weiter Bestand und müssen nicht immer wieder neu erfasst werden. Sie lassen sich jedoch jederzeit durch Daten aus dem Modell ergänzen oder überschreiben, sobald dieses verlässliche Informationen liefert.
Von Javier Castell Codesal.
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