31.07.2013 – Kategorie: Branchen
BIM aus Expertensicht, Teil 2: Christian Weiss, Manager EMEA Field Marketing AEC/ENI bei Autodesk, im Gespräch
Die Fragen
1.Welche Gesichtspunkte zeichnen für Sie eine BIM-Lösung aus?
2.Welche Vorteile ergeben sich für die Baubeteiligten durch das Building Information Modeling?
3.Welche Gesichtspunkte sollte ein Architekturbüro bei der BIM-Planung beachten?
4.Können Sie uns ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von BIM-Lösungen nennen?
5.Einige Großprojekte wie die Elbphilharmonie in Hamburg stehen derzeit in der Kritik, weil sie spektakulär den Kostenrahmen sprengen oder schon längst hätten fertig sein müssen, trotz der Möglichkeiten des BIM. Welche Gründe hat das Ihrer Meinung nach?
6.Wie wird sich die Arbeit der Architekten in den kommenden Jahren durch BIM ändern?
Christian Weiss, Manager EMEA Field Marketing AEC/ENI bei Autodesk: „Mit BIM lassen sich Abläufe vorab im 3D-Modell simulieren, Fehler und Konflikte zwischen Gewerken frühzeitig aufdecken und Mengen, Kosten sowie Termine gezielt steuern und überwachen – vom Entwurf über die Ausführungs-, Tragwerks- und TGA-Planung bis hin zur Fertigung, Vermarktung und Gebäudeverwaltung.“
AUTOCAD Magazin: Welche Vorteile ergeben sich für die Baubeteiligten durch das Building Information Modeling?
Christian Weiss: Entscheidend für den Erfolg eines Bauprojekts sind zwei Dinge: Erstens, dass wirklich alle relevanten Informationen in einem zentralen Datenmodell zusammengefasst sind. Und zweitens, dass es auf einer durchgängigen technischen Plattform einen verlustfreien Arbeitsprozess durch alle Projektphasen hindurch gibt. Mit BIM lassen sich Abläufe vorab im 3D-Modell simulieren, Fehler und Konflikte zwischen Gewerken frühzeitig aufdecken und Mengen, Kosten sowie Termine gezielt steuern und überwachen – vom Entwurf über die Ausführungs-, Tragwerks- und TGA-Planung bis hin zur Fertigung, Vermarktung und Gebäudeverwaltung. Autodesk treibt diese Entwicklung voran und kombiniert dabei Desktop-Lösungen, Cloud-Services sowie mobile Apps. Damit wird die Lücke zwischen Entwurf und Ausführung geschlossen und Rückmeldungen von den Gegebenheiten auf der Baustelle werden in Echtzeit möglich: Standortübergreifende Teams haben immer und überall Zugriff auf aktuelle Daten und können so besser koordinieren und kommunizieren. Das spart Zeit und Geld und erhöht die Qualität in der Ausführung. Auch die Kommunikation mit Auftraggebern wird vereinfacht. Denn dadurch, dass Planer jederzeit eine 3D-Darstellung des Projekts erzeugen können, sind Projektstand und angestrebtes Ergebnis auch für Nicht-Experten nachvollziehbar.
AUTOCAD Magazin: Welche Gesichtspunkte sollte ein Architekturbüro bei der BIM-Planung beachten?
Christian Weiss: BIM bietet sich für jede Projektgröße an – vom Einfamilienhaus bis zum Großprojekt. Um es nochmals zu betonen: Building Information Modeling ist eine Methode und keine Software. Die Einführung, Umsetzung und Förderung von BIM ist daher keine IT-, sondern eine Managementaufgabe und eine Grundsatzentscheidung für eine bestimmte Planungsmethode mit weitreichenden Folgen. Die wichtigste Voraussetzung für BIM ist die Bereitschaft, sich auf die neue Planungsart und Arbeitsweise einzulassen: Der Bearbeitungsaufwand wird im Vergleich zu einer zweidimensionalen zeichnungsorientierten Arbeitsweise vorverlegt, so dass ein wesentlicher Teil des Gesamtaufwands mit BIM in der Erstellung eines präzisen virtuellen Gebäudemodells steckt. Denn die Anforderungen an das 3D-Modell sind, in frühen Leistungsphasen – in der Regel in der Entwurfsplanung – bereits detaillierte Informationen aus dem virtuellen Modell auslesen zu können. Diese Notwendigkeit zwingt den Anwender in der Praxis dazu, früh systematische Entscheidungen zu treffen, die in der zeichnungsorientierten Arbeitsweise häufig erst später vollzogen werden. Doch die sorgfältige Vorbereitung des Modells zahlt sich in den späteren Leistungsphasen aus und reduziert sogar den Gesamtaufwand.
AUTOCAD Magazin: Einige Großprojekte wie die Elbphilharmonie in Hamburg stehen derzeit in der Kritik, weil sie spektakulär den Kostenrahmen sprengen oder schon längst hätten fertig sein müssen, trotz der Möglichkeiten des BIM. Welche Gründe hat das Ihrer Meinung nach?
Christian Weiss: Oft sind solche Kostenexplosionen die Folge einer Kombination von Fehlern. Deshalb ist BIM kein Allheilmittel, aber es kann zentrale Herausforderungen wirkungsvoll adressieren. Denn wenn der komplette Prozess digital abgebildet wird, können Planungen im Kontext der Realität auf Durchführbarkeit und Konflikte getestet werden, bestimmte Fehler also schon vorher erkannt und behoben werden. Und – das ist das Entscheidende – die Kommunikation aller Beteiligten wird deutlich verbessert, denn alle haben einen gemeinsamen Kenntnisstand. Voraussetzung ist jedoch, dass die Auftraggeber den Einsatz von BIM einfordern und sich alle Projektbeteiligten wie beispielsweise Statiker, Gebäudetechniker und Bauunternehmen dazu verpflichten, mit BIM zu arbeiten. In manchen Ländern, so in England, gibt es bei Bauprojekten bereits die Vorgabe, das Konzept Building Information Modeling umzusetzen, damit die Vorteile der Methode ausgeschöpft werden.
In Teil 3: Alan Lamont, Vice President Bentley Systems.
AUTOCAD Magazin: Welche Gesichtspunkte zeichnen für Sie eine BIM-Lösung aus?
Dr.-Ing. Gerd Maurer: Der Nutzen für den Bauherren und die damit verbundene Effizienzsteigerung steht bei uns grundsätzlich im Vordergrund. Ein digitales Gebäudemodell (BIM) ermöglicht eine wirklich integrale Planung der Architektur, der Tragwerksplanung und der Technischen Gebäudeausrüstung und bindet dabei unter anderem auch die Bereiche der AVA, der Bauphysik und nicht zuletzt auch der Maschinen- und Anlagentechnik mit ein.
Dem Bauherrn kann bereits in frühen Phasen ein räumlicher Eindruck seines Bauprojekts verschafft werden; Planungskollisionen werden rechtzeitig erkannt und von vornherein vermieden; Kostenschätzungen und -berechnungen können aufgrund der detaillierten Bauteilinformationen im Gebäudemodell mit einer noch höheren Genauigkeit aufgestellt werden.
Insgesamt verschaffen wir dem Bauherrn mit dem BIM-Modell eine sicherere Basis für Planungsentscheidungen, und dies zu einem früheren Zeitpunkt.
AUTOCAD Magazin: Können Sie uns, bitte, ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von BIM-Lösungen nennen?
Dr.-Ing. Gerd Maurer: Sämtliche Projekte werden bei uns mittels BIM geplant. Derzeit befinden wir uns beispielsweise in der Ausführungsplanung eines gestalterisch anspruchsvollen und innovativen Verbrauchermarktes. Sämtliche Gebäudeinformationen sind im digitalen Gebäudemodell für das gesamtplanerische Team aus Architekten, Tragwerksplanern und Haustechnikingenieuren jederzeit abrufbar. Dies unterstützt den bei uns vorhandenen simultanen Planungsablauf von Architektur, Tragwerk und Gebäudetechnik terminlich und qualitativ. Auch die erforderlichen Angaben für die Ausschreibungen werden direkt aus dem BIM-Modell abgeleitet. Für uns ist die BIM-Lösung somit ein unverzichtbares Werkzeug für die integrale Gesamtplanung.
AUTOCAD Magazin: Einige Großprojekte wie die Elbphilharmonie in Hamburg stehen derzeit in der Kritik, weil sie spektakulär den Kostenrahmen sprengen oder schon längst hätten fertig sein müssen, trotz der Möglichkeiten des BIM. Welche Gründe hat das Ihrer Meinung nach?
Dr.-Ing. Gerd Maurer: Es ist gerade umgekehrt. Viele Großprojekte, die aus dem Ruder laufen, sind meist noch ohne BIM-Modell geplant. Hier zeigen sich die Probleme und Kollisionen erst bei der Ausführung. Oft wird nachträglich noch versucht, ein BIM-Modell zu erstellen, um zu retten, was zu retten ist, wenn Kostenbudgets und Termine überschritten sind. Dies ist jedoch nicht wirklich zielführend.
AUTOCAD Magazin: Wie wird sich die Arbeit der Architekten in den kommenden Jahren durch BIM ändern?
Dr.-Ing. Gerd Maurer: Der Planungsablauf und insbesondere die Zusammenarbeit der Planungsdisziplinen, die ja vom Architekten koordiniert und integriert werden muss, werden mittels einer durchdachten und strukturierten BIM-Lösung wesentlich unterstützt. Natürlich muss man ein komplexes digitales Gebäudemodell auch beherrschen, um den Nutzen für den Bauherrn und die möglichen Effizienzsteigerungen auch zu mobilisieren. Wir nennen dies „BIM-Management“ und zählen es mit zu den Kernkompetenzen, die im Projektteam durch einen speziell hierzu ausgebildeten Mitarbeiter als Modellverantwortlichen abgedeckt werden. Die kreative Projektarbeit aller Planungsdisziplinen kann auf dieser Grundlage zielorientiert aufbauen.
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