28.01.2021 – Kategorie: Konstruktion & Engineering
Die perfekte Welle: Wellenkraftwerk mit Gleichstrom
Zu den Erneuerbaren Energien zählen auch Wellenkraftwerke. Allerdings hat sich diese alternative Stromgewinnung bis heute kaum durchgesetzt. Die Münchener Firma Sinn Power möchte das mit einem modularen und kostengünstigen Wellenkraftwerk für Küstengebiete ändern. Das erste Pilotprojekt wurde erfolgreich in Betrieb genommen – auch dank Verbindungslösungen von Lapp.
Vor zwei Jahren hat das das bayerische Start-up-Unternehmen Sinn Power im Hafen der griechischen Stadt Heraklion den ersten Prototypen seines Wellenkraftwerkes in Betrieb genommen. Mittlerweile sind dort vier Wellenkraftwerk-Module im Einsatz. Jedes Modul trägt unten einen Schwimmkörper, einen Teller mit bis zu drei Metern Durchmesser, der sich mit dem Wellengang hebt und senkt. Eine zehn Meter lange Hubstange führt die Bewegung nach oben, wo sie bis zu zwölf Generatoren antreibt, die aus der Bewegung Strom erzeugen.
Etliche Haushalte durch ein Wellenkraftwerk versorgen
In Echtzeit übermittelt die Anlage in Heraklion gegenwärtig Betriebsdaten an den Firmenstandort in Gauting. In der Spitze liefert jedes Modul 24 Kilowatt, im Mittel sind es 2,5 kW, allerdings mit einem kleinen Schwimmteller. Montiert man den größeren Schwimmteller mit drei Metern Durchmesser, wie er für die nächste Generation der Module vorgesehen ist, ist es doppelt so viel. Eine solche Anlage mit einer Minimalkonfiguration von sieben mal drei Modulen soll etwa 550.000 Kilowattstunden pro Jahr liefern. Damit könnte man rund 100 Haushalte mit Strom versorgen.
Wellenkraftwerk: Modularer Aufbau der Anlage
Laut Sinn Power ist das Besondere der Anlage der Aufbau, der bewusst einfach gehalten ist. Ihre Module können mit einfachen Werkzeugen nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden. Durch den modularen Aufbau ist die Größe und Leistung des Wellenkraftwerks nach Bedarf skalierbar, und dank massenproduzierbarer Standardkomponenten seien die Herstellungskosten niedrig. Weiterer Vorteil: Ein Wellenkraftwerk ist grundlastfähig; es liefert also auch dann noch Energie, wenn andere alternative Erzeuger wetterbedingt Pause machen.
Für die effiziente und zuverlässige Energieübertragung braucht Sinn Power auch die passenden Verbindungslösungen, denen die Tortur im Salzwasser nichts anhaben kann. Hierfür werden sie seit zwei Jahren von Hermann Robl, Vertriebsingenieur bei Lapp beraten. Neben den Verschraubungen stammen die Leitungen zur Leistungsübertragung von den Generatoren in der Anlage von Lapp, ebenso die Leitungen zur Datenübertragung, Steuerleitungen wie die Ölflex Robust 200 sowie die Verdrahtung auf den Leiterplatten. „Wir sind sehr zufrieden mit der Unterstützung von Lapp“, sagt Simon Krüner, Elektroingenieur bei Sinn Power. Deswegen wurde die Zusammenarbeit nun weiter ausgeweitet.
Neue Leistungselektronik
Sinn Power hat ein neues leistungselektronisches System, genannt ModTroniX 4.0 entwickelt. Dabei handelt es sich um dezentrale Minigrids, die auch das Wellenkraftwerk in Heraklion weiter optimieren sollen. Simon Krüner: „Unser neuer modularer Ansatz ermöglicht es auch andere erneuerbare Energiequellen sehr einfach in das System zu integrieren. Dabei setzten wir schon seit Beginn an auf eine Übertragung mit Gleichstrom zwischen den Komponenten. Das hat unter anderem Vorteile bei der Übertragung der Energie, Wandlungsverluste entfallen und die leistungselektronischen Komponenten können leichter kombiniert werden.“
Beim Thema Gleichstrom ist Lapp der perfekte Ansprechpartner, denn das Unternehmen ist Pionier bei Gleichstromleitungen und verfügt über ein Portfolio an Gleichstromleitungen. Da für die Erweiterung und den Umbau in Heraklion mit dem neuen ModTronix eine Netzeinspeisung hinzukommt, empfahl Hermann Robl die Ölflex DC 100 für den 800-V-DC-Bus. Die Ölflex DC 100 mit PVC-Isolation eignet sich für die feste Verlegung ohne mechanische Belastung. Die Leitung soll eine Strecke von etwa 700 Metern zum Einspeisepunkt überbrücken. Die Ölflex DC 100 wird fest in Installationsrohren der Hafenmauer verlegt. Sie geht von unserem Container, in dem unser Equipment untergebracht ist die Hafenmauer runter bis zum Einspeisepunkt, wo dann die Netzwechselrichter für die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz installiert werden.
Im Wellenkraftwerk ist bereits heute ein Windrad integriert. Im Herbst wird dann noch die schwimmende Plattform mit PV-Modulen (Floating-PV) bestückt und in das Grid integriert. Simon Krüner: „Wir wollen die DC-Übertragung genau testen und hoffen, Erfahrung für andere Projekte sammeln zu können.“
Aktuell ist Sinn Power auch an einem großen EU-Projekt mit mehreren Unternehmen und Hochschulen, beteiligt. Das Projekt nennt sich Musica (http://musica-project.eu/). Hier sollen auf einer schwimmenden Plattform, die von der University of the Aegean gestellt wird, verschiedene erneuerbare Energiequellen kombiniert werden. Sinn Power wird dort seine strukturgebundenen Wellenkraftwerke integrieren. Für dieses Projekt kommt die Steuerleitung Ölflex Robust 200 zum Einsatz.
Grid-Konzept für die Energieversorgung
Sinn Power sieht große Potenziale für die dezentrale Stromerzeugung. Beispielsweise wäre so ein Grid-Konzept für die Energieversorgung auf einer Insel besonders interessant. Sinn Power hat auch Pläne, Wellenkraftwerke in die ungenutzte Fläche zwischen den Windturbinen in großen Meereswindparks zu platzieren. Oder wie in Heraklion fest verankert an Hafenmauern. Ideale Voraussetzungen für solche Konzepte herrschen rund um den Äquator.
Sinn Power hat eine Weltkarte erstellt, in der hohe Wellen eingezeichnet sind. Ideal ist die Karibik: Dort gibt es hohe Wellen übers ganze Jahr, Tag und Nacht. Wenn man bedenkt, dass die Inseln in der Karibik pro Jahr 1,3 Milliarden Euro für Dieselstrom ausgeben, muss es dort einen riesigen Markt für Wellenkraftwerke geben. Zum finanziellen Vorteil kommt natürlich auch weil keine Luftverschmutzung durch Dieselabgase anfallen.
Die ersten Anfragen kommen aus Afrika, Asien und Süd-Amerika, wo viele Menschen in der Nähe der Küsten wohnen und die Stromversorgung oft schlecht ist. Derzeit arbeitet Sinn Power gemeinsam mit Interessenten an den notwendigen Genehmigungen, Finanzierung, sowie an den allgemeinen Abläufen, die unter anderem die Logistik, den Aufbau und die Wartung betreffen.
Gleichstrom – Anwendungsbeispiele der Firma Lapp
In Sachen Gleichstrom ist Lapp bei Kabeln in der Entwicklung aktiv und verfügt bereits über ein Leitungsportfolio für viele Anwendungen. Darunter die Ölflex DC 100 mit neuer Farbcodierung der Adern nach der 2018 aktualisierten Norm DIN EN 60445 (VDE 0197):2018-02 für Gleichstromleitungen: rot, weiß und grün-gelb. Weitere Leitungen sind die Ölflex DC Servo 700 für stationäre und die Ölflex DC Chain 800 aus TPE für bewegte Anwendungen. Oder die erste DC-Roboterleitung Ölflex DC Robot 900 mit der Aderisolation aus TPE und dem Mantel aus PUR . Damit ist Lapp Vorreiter bei der Entwicklung von Leitungen für Niederspannungs-Gleichstromnetze für industrielle Anwendungen.
Gleichzeitig ist Lapp im Forschungsprojekt DC-Industrie2 geförderter Partner und erforscht die Langzeitstabilität von Isolationsmaterialien für Kabel und Leitungen. Denn Lapp und die TU Ilmenau haben in Versuchen herausgefunden, dass die Isolationsmaterialien im Gleichspannungsfeld ein anderes Alterungsverhalten zeigen als in einem Wechselspannungsfeld.
„Wir sehen in Gleichstrom große ökonomische Chancen. Nicht nur für die Automotive- und Prozessindustrie. Viele Verbraucher sind schon heute Gleichstromverbraucher. Durch die Reduzierung von Umwandlungsverlusten steigern wir die Effizienz. Durch den Wegfall der Umrichter brauchen wir weniger Komponenten und damit weniger Platz. Regenerative und dezentrale Energiequellen können leichter integriert werden. Auch die Rückspeisung von Bewegungsenergie erfolgt über DC. Der E-Motor wird zum Generator“, listet Guido Ege, Leiter Produktmanagement und Produktentwicklung bei der U.I. Lapp GmbH, die Vorteile auf.
Von Irmgard Nille.
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