06.06.2023 – Kategorie: Komponenten & Systeme

Federstahl: Worauf es bei der Auswahl von Federwerkstoffen besonders ankommt

Federstahl: Druckfedern aus verschiedenen WerkstoffenQuelle: Gutekunst

Federwerkstoffe – die richtige Auswahl: Den optimalen Federstahl für den gewünschten Einsatzzweck auszuwählen, ist nicht immer einfach.

Federwerkstoffe – die richtige Auswahl: Den optimalen Federwerkstoff für den gewünschten Einsatzzweck einer Metallfeder auszuwählen, ist nicht immer einfach. Der Federnspezialist Gutekunst erklärt, welche Parameter dabei eine wichtige Rolle spielen.

Die Auswahl der richtigen Federwerkstoffe für eine Federanwendung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Belastungsart, dem Umgebungsmedium, der Umgebungstemperatur, der benötigten elektrischen Leitfähigkeit, der erforderlichen Korrosions­beständigkeit, der Hygieneanforderung, den dynamischen Belastungen und letztlich natürlich auch vom Preis. So ist zum Beispiel der Preis einer hochwertigen Titanlegierung (TiAI6V4) schonmal um das 130-fache höher als ein Standard-Draht aus Federstahl nach DIN EN 12070-1.

FederstahlDraht besitzt im Vergleich zu anderen Stählen eine höhere Festigkeit und lässt sich bis zu einer bestimmten Spannung (Elastizitätsgrenze „Rp“) verformen. Mit dieser Eigenschaft kehrt der Federstahl-Draht nach Entlastung wieder in die Ausgangsstellung zurück, ohne dabei dauerhaft verformt zu werden. Federstahldraht EN 10270-3 1.4310 hat zum Beispiel eine Zugfestigkeit von 1’250 bis 2’200 N/mm², verglichen mit 360 N/mm² beim Baustahl S235JR. Hierbei ist der maßgebliche Unterschied das Streckgrenzenverhältnis, d.h. das Verhältnis von Elastizitätsgrenze zu Zugfestigkeit des Werkstoffs, welches bei Federstählen normalerweise bei >85 % liegt.

Federwerkstoffe: Anforderungen an den Federstahl

Federstahl muss ein großes elastisches und ein ausreichendes plastisches Formänderungsvermögen aufweisen. Er muss eine hohe Elastizitätsgrenze, Bruchdehnung und Brucheinschnürung besitzen sowie eine günstige Zeitstand- und Dauerschwingfestigkeit. Die Elastizität als Hauptmerkmal eines Federstahls wird beim Herstellungsprozess durch eine spezielle Legierung durch Zugabe von Silizium (Si), Mangan (Mn), Chrom (Cr), Vanadium (V), Molybdän (Mo) oder Nickel (Ni) erreicht.

Nachfolgend werden die wichtigsten Eigenschaften der gängigsten Federstahldrähte für die Herstellung von Druckfedern, Zugfeder, Schenkelfedern und Sicherungselementen bei Gutekunst Federn aufgeführt. Neben dem Standard-Federstahl EN 10270-1 SH und DH, dem dynamisch anspruchsvollen Ventilfederdraht VDSiCr (Oteva 70) und den korrosionsbeständigen Edelstahlsorten 1.4310, 1.4401 und 1.4568 werden hier auch die unmagnetische Federbronze CuSn6 und der Kupfer-Beryllium-Federstahls CuB2 beschrieben, außerdem die warmfesten Federstahlsorten Nimonic 90, Inconel X-750 und Hastelloy C4. Über den Preisfaktor (Preisbasis „1“ = Standard-Federstahl 1.1200) wird zudem das Preisverhältnis der vorgestellten Federwerkstoffe aufgezeigt.

Standard-Federstahl

DIN EN 10270-1-SH oder -DH / 1.1200 (Preisbasis 1)

1.1200 ist ein kohlenstoffbasierter Federstahl, der in korrosiven oder extremen Umgebungen nicht ohne zusätzliche Oberflächenbehandlung eingesetzt werden kann. Der Federstahl EN 10270-1 wird häufig und gerne für statisch hochbeanspruchte Zug-, Druck- und Schenkelfedern mit geringen bis mittleren dynamischen Beanspruchungen ab einer Drahtstärke von 1,8 mm gewählt. Die Arbeitstemperatur sollte 80 °C nicht übersteigen. Die Dauerhaltbarkeit kann durch Kugelstrahlen gesteigert werden.

Anwendungsbereiche / Branchen

EN 100270-1 / 1.1200 eignet sich mit und ohne Oberflächenbehandlung für die gängigsten Druckfedern, Zugfedern, Schenkelfedern und Drahtbiegeteile in nahezu allen Branchen.

Korrosionsbeständige Federstahl-Arten

DIN EN 10270-3 / 1.4310 (X10CrNi18-8) (Preisfaktor 2,5)

Der 1.4310 (X10CrNi18-8) ist ein austenitischer Chrom-Nickel-Federstahl für korrosionsbeständige Federn mit mittlerer und hoher spezifischer Beanspruchung.

Aufgrund seiner besonderen mechanischen Eigenschaften ist dieser Werkstoff 1.4310 der Klassiker unter den rostfreien Federstählen und wird häufig in der Fertigung von korrosionsbeständigen Metallfedern verwendet. Da bei diesem rostfreien Federstahl 1.4310 durch die Kaltverformung eine leichte Magnetisierbarkeit entsteht, ist dieser Werkstoff nicht für völlig unmagnetische Federn geeignet.

Anwendungsbereiche / Branchen

Der 1.4310 wird sehr häufig im Maschinenbau, der Automobilindustrie, Chemie und Petrochemie, Lebensmittelindustrie, Medizintechnik, Möbelindustrie, Antriebstechnik, Offshore-Industrie und für Elektronische Ausrüstungen verwendet.

DIN EN 10270-3 / 1.4568 (X7CrNiAl17-7) (Preisfaktor 6)

Der 1.4568 (X7CrNiAl17-7) ist ein rostfreier ausscheidungshärtbarer Chrom-Nickel-Aluminium-legierter Federstahl. Der Federstahl 1.4568 besitzt sehr gute Langzeiteigenschaften und eine hervorragende Korrosionsbeständigkeit bei einem minimalen Verzug nach der Wärmebehandlung. Im ausgehärteten Zustand verfügt der Federstahl 1.4568 über hervorragende mechanische Eigenschaften bis 200 °C.

Anwendungsbereiche / Branchen

Der 1.4568 wird in der Luft- und Raumfahrtindustrie, dem Rennsport sowie bei sonstigen hochfesten korrosionsbeständigen Anwendungen eingesetzt.

DIN EN 10270-3 / 1.4401 (X5CrNiMo17-12-2) (Preisfaktor 4)

Der 1.4401 (X5CrNiMo17-12-2) ist ein austenitischer Chrom-Nickel-Molybdän-Stahl mit einer sehr guten Korrosionsbeständigkeit gegenüber nicht oxidierenden Säuren und chlorhaltigen Medien. Er eignet sich für Anwendungen in der Lebensmittelindustrie sowie zum Teil in der Medizintechnik. Federstahl aus 1.4401 weist eine geringere Festigkeit auf als 1.4310 und 1.4568. Dafür ist die Korrosionsbeständigkeit deutlich höher, die Magnetisierbarkeit geringer.

Anwendungsbereiche / Branchen

Der 1.4401 wird gerne in der Lebensmittel-, Textil- und Chemieindustrie, zum Teil in der Medizintechnik sowie im Umfeld von Ölen und Seifen eingesetzt.

Dynamisch hoch beanspruchter Ventilfederstahldraht

DIN EN 10270-2 / VDSiCR (Oteva 70) (Preisfaktor 3)

Der VDSiCr / Oteva 70 ist ein gehärteter Chrom-Silizium-legierter Federstahl für kaltgeformte und hoch dynamisch beanspruchte Federn. Der ölschlussvergütete Ventilfederstahl erreicht mit einer durch Kugelstrahlen verfestigten Oberfläche die besten Dauerhub­festigkeitswerte. Die Betriebstemperatur sollte jedoch 120 °C nicht übersteigen.

Anwendungsbereiche / Branchen

Der VDSiCr wird für hoch dynamisch beanspruchte Federn, wie zum Beispiel für Ventilfedern und Kupplungsfedern in der Automobilindustrie und im Rennsport eingesetzt.

Unmagnetische und korrosionsbeständige Federstahltypen

Die folgenden Kupferlegierungen CuSn6 und CuBe2 sind unmagnetisch und besitzen außerdem eine sehr gute elektrische Leitfähigkeit und Korrosionsbeständigkeit.

DIN EN 12166 / CuSn6 / 2.1020 (CM452K) (Preisfaktor 4)

Die Federbronze CuSn6 ist mit ca. 6 Prozent Zinnanteil die am häufigsten verwendete Kupferlegierung. Der Federstahl CuSn6 erhält seine Federeigenschaften durch die Kaltverformung. Die Festigkeitswerte und damit die Federkräfte sind wesentlich niedriger als bei den Standard-Federstahlsorten 10270-1-SH, -DH und 1.4310. Mit seiner sehr guten Korrosionsbeständigkeit und Lötbarkeit wird dieser Federstahl jedoch gerne für Steckverbinder, Kontaktstifte sowie bei Stanzbiegeteilen und Metallfedern eingesetzt, die eine gute elektrische Leitfähigkeit benötigen. Die Kupferlegierung CuSn6 kann im Gegensatz zu Messing auch in der Vakuumtechnik eingesetzt werden. Bei höherer mechanischer Belastung oder elektrischer Leitfähigkeit ist Kupfer-Beryllium (CuBe2) besser geeignet.

Anwendungsbereiche / Branchen

Der CuSn6 wird häufig in der Elektro-, Papier-, Zellstoff-, Textil- und Chemieindustrie sowie im Schiff-, Maschinen- und Apparatebau eingesetzt.

DIN EN 12166 / CuBe2 / 2.1247 (CW101C) (Preisfaktor 18)

Der CuBe2 ist ein niedriglegierter Kupfer-Beryllium-Federstahl mit einer höheren Festigkeit, einer hohen Leitfähigkeit und guten mechanischen Eigenschaften. Der Federstahl aus Kupferberyllium CuBe2 hat außerdem eine gute Kälteunempfindlichkeit und eignet sich so für extrem tiefe Temperaturen bis in die Nähe des absoluten Nullpunktes.

Anwendungsbereiche / Branchen

Der CuBe2 wird gerne in der Elektro- und Ölindustrie, Luft- und Raumfahrt, Meerestechnik, im Rennsport, im Aluminium-Druckguss und im Formenbau eingesetzt.

Warmfeste Federstahl-Sorten mit sehr guter Korrosionsbeständigkeit

Die Nickel-Basis-Legierungen haben aufgrund ihrer Zusammensetzung eine sehr hohe Warmfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit.

Nimonic 90 / 2.4632 (NiCr20Co18Ti) (Preisfaktor 60)

Der Federwerkstoff Nimonic 90 (NiCr20Co18Ti) ist eine Nickel-Chrom-Kobalt-Legierung. Nimonic 90 Federstahl hat eine sehr gute Zeitstand- und Warmfestigkeit sowie eine gute Beständigkeit gegenüber Korrosion und Oxidation bei hohen Temperaturen. Dazu eignet sich dieser Federstahl für dynamische Hochtemperaturanwendungen.

Anwendungsbereiche / Branchen

Nimonic 90 wird in der Luft- und Raumfahrtindustrie, für Hochtemperaturfedern sowie bei thermischen Verfahren eingesetzt.

Inconel X-750 / 2.4669 (NiCr15Fe7TiAl) (Preisfaktor 30)

Der Federstahl Inconel X-750 (NiCr15Fe7TiAl) ist eine Nickel-Chrom-Eisen-Legierung mit Aluminium und Titanzusatz. Inconel X750 Federstahl hat eine hohe Zeitstand- und Warmfestigkeit bei hohen Temperaturen bis 600 °C. Er ist korrosions- und oxidationsbeständig, aber nicht so fest wie Nimonic 90. Da diese Nickel-Chrom-Legierung praktisch kobaltfrei ist, wird sie oft in der Reaktortechnik verwendet.

Anwendungsbereiche / Branchen

Inconel X-750 wird in der Luft- und Raumfahrtindustrie, Reaktortechnik, Ölindustrie, bei Hochtemperaturfedern, Komponenten in Gasturbinen und thermischen Verfahren eingesetzt.

Hastelloy C4 / 2.4610 (NiMo16Cr15Fe6W4) (Preisfaktor 41)

Der Federstahl Hastelloy (NiMo16Cr15Fe6W4) ist eine Nickel-Chrom-Molybdän-Legierung und erhält durch die Kombination von Chrom mit hohem Molybdängehalt eine außergewöhnliche Beständigkeit gegen eine Vielzahl von chemischen Medien wie z. B verunreinigte, reduzierende Mineralsäuren, Chloride und organische sowie anorganische chlorid-verunreinigte Medien. Durch die besondere chemische Zusammensetzung von Hastelloy C4 hat die Legierung eine gute Gefügestabilität und eine hohe Beständigkeit gegenüber Sensibilisierung.

Anwendungsbereiche / Branchen

Hastelloy C4 wird gerne für Federkomponenten bei anorganischen Chemikalien, in der Düngemittelindustrie, in Müllverbrennungsanlagen, in Chlorierungsanlagen und bei der Essigsäureproduktion eingesetzt.

Ergänzende Oberflächenbehandlungen

Druckfedern, teilweise auch Zugfedern, Schenkelfedern und Drahtbiegeteile erhalten zu den Federstahl-Eigenschaften durch eine nachträgliche Behandlung ihrer Oberflächen ergänzende Eigenschaften – sie werden je nach Anwendungsfall beispielsweise härter, leitfähiger, rost- oder wärmebeständiger. Gutekunst Federn bietet für seine Katalog- und individuellen Metallfedern neben klassischen Verfahren wie Kugelstrahlen, Glanzverzinken, Brünieren, Elektropolieren, Beizen, Phosphatieren, Passivieren, Verchromen, Vernickeln und Verzinken zudem eine Vielzahl von speziellen Oberflächenbehandlungen. Dazu zählen Dickschicht-Passivierungen, Pulverbeschichtungen, Delta-Tone und Delta-Seal Korrosionsschutzsysteme, Glasperlenstrahlen, PTFE-Teflonbeschichtungen, Versilbern, Vergolden und Verkupfern.

Bild oben: Druckfedern aus verschiedenen Werkstoffen. Bildquelle: Gutekunst

Hilfreiches Wissen zu Oberflächenbehandlungen für Metallfedern gibt es unter www.blog.federnshop.com/oberflaechen.

Weitere Informationen: www.federnshop.com.

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