20.10.2022 – Kategorie: Konstruktion & Engineering

FEM-Simulation: So lassen sich Unterwasserkabel designen

FEM-SimulationQuelle: klesign, AdobeStock

Neue Windturbinen für Offshore-Windparks werden immer weiter draußen auf hoher See gebaut. So entsteht ein neuer Bedarf an gut konzipierten Untersee­kabeln, die größere Distanzen bewältigen, in tieferen Gewässern standhalten und unsere Welt besser mit nachhaltiger Energie versorgen können. Hellenic Cables in Griechenland setzt Finite-Elemente-Modelle ein, um Designs von Erd- und Unterwasserkabeln zu analysieren und zu validieren.

FEM-Simulation in der Praxis: War das Internet bei Ihnen auch schon einmal langsamer als üblich? Möglicherweise liegt es am Ausfall eines Unterseekabels. Kabelausfälle dieser Art sind eine häufige – und teure – Angelegenheit, sei es aufgrund von Schäden durch mechanische Belastung und Beanspruchung, die durch Untergrund, Fischtrawler, Anker oder das Kabeldesign selbst verursacht werden. Mit dem Ausbau der Offshore-Windindustrie wächst auch der Bedarf an der Entwicklung von Stromkabeln, die diese Anlagen sicher und effizient an das Stromnetz anschließen.

FEM-Simulation für das richtige Kabeldesign

Vor der Befestigung oder Verlegung eines Unterseekabels müssen die Kabeldesigner sicherstellen, dass die Designs unter Seeverhältnissen einwandfrei funktionieren. Dies geschieht heute oft mit Hilfe von elektromagnetischen Berechnungsmodellen. Zur Validierung der Kabelsimulationsergebnisse werden internationale Normen verwendet, die jedoch nicht mit den Fortschritten bei der Rechenleistung und den wachsenden Möglichkeiten der Simulationssoftware mithalten konnten. Hellenic Cables und seine Tochtergesellschaft FULGOR nutzen die Finite-Elemente-Methode (FEM), um ihre Kabeldesigns zu analysieren und mit experimentellen Messungen zu vergleichen, wobei sie oft bessere Ergebnisse erzielen, als die internationalen Normen bieten können.

Methodik zur Berechnung von Kabelverlusten

Die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) legt Normen für elektrische Kabel fest, darunter die Norm 60287 1-1 zur Berechnung von Kabelverlusten und Nennströmen. Ein Problem mit der in der Norm 60287 verwendeten Formulierung ist, dass sie die Kabelverluste überschätzt – insbesondere die Verluste in der Armierung von dreiadrigen (3C) Seekabeln. Kabeldesigner müssen eine neue Methodik für didiese Analysen anwenden. „Mit einem genaueren und realistischeren Modell sind erhebliche Optimierungsmargen zu erwarten“, sagt Dimitrios Chatzipetros, Teamleiter der Gruppe Numerische Analyse bei Hellenic Cables.

Die Modellierung eines Stromkabels ist komplex. Die geometrische Struktur besteht aus drei Hauptstromadern, die mit einer bestimmten Schlaglänge spiralförmig verdrillt sind, und Hunderten von zusätzlichen Drähten – Abschirm- oder Armierungsdrähten –, die mit einer zweiten oder dritten Schlaglänge verdrillt sind. Das macht es schwierig, diese vermaschte Struktur zu erstellen und die elektromagnetischen Felder zu berechnen.

FEM-Simulation
Vergleich der Ergebnisse zwischen EMT, FEM und CIM. Bild: Hellenic Cables

Finite-Elemente-Modellierung von Kabelsystemen

In den letzten Jahren hat FEM bei der Kabelanalyse einen großen Sprung nach vorne gemacht. Das Team von Hellenic Cables setzte FEM-Simulation erstmals ein, um einen kompletten Kabelabschnitt von etwa 30 bis 40 Metern Länge zu modellieren. Dies erwies sich als numerische Herausforderung, die realistischerweise nur auf einem Supercomputer gelöst werden kann. Durch den Wechsel zu periodischen Modellen mit einer periodischen Länge, die der Querneigung des Kabels entspricht, reduzierte das Team das Problem von 40 Metern auf 2-4 Meter. Dann führten sie eine kurz verdrillte Periodizität ein, die die periodische Länge des Modells von Metern auf Zentimeter reduziert, was die Lösung des Problems vereinfacht.

Elektromagnetische Störungen stellen bei der Entwicklung von Kabelsystemen eine Reihe von Herausforderungen dar – insbesondere die kapazitiven und induktiven Kopplungen zwischen Kabelleitern und -mänteln. Zum einen müssen die Ingenieure bei der Berechnung der Nennströme die Leistungsverluste in den Kabelmänteln während des normalen Betriebs berücksichtigen. Zum anderen müssen die Überspannungen an den Kabelmänteln innerhalb akzeptabler Grenzen liegen, um die Gesundheits- und Sicherheitsstandards zu erfüllen.

Wie Chrysochos et al. in „Capacitive and Inductive Coupling in Cable Systems – Comparative Study between Calculation Methods“ [1] darlegen, gibt es drei Hauptansätze für die Berechnung dieser kapazitiven und induktiven Kopplungen. Der erste ist die komplexe Impedanzmethode (CIM), bei der man die Ströme und Spannungen der Kabe­l­­anlage berechner, während man die kapazitiven Ströme vernachlässigt. Eine weitere gängige Methode ist das Programm für elektromagnetische Transienten (EMT), mit dem sich elektromagnetische Transienten in Stromversorgungssystemen sowohl mit Modellen im Zeit- als auch im Frequenzbereich analysieren lassen.

Die dritte Methode, FEM, ist die Grundlage der COMSOL Multiphysics-Software. Das Team von Hellenic Cables verwendete COMSOL Multiphysics und das AC/DC Module, um die elektrischen Felder, Ströme und die Potenzialverteilung in leitenden Medien zu berechnen. „Das AC/DC Module und die dahinterstehenden Löser sind sehr robust und effizient für diese Art von Problemen“, sagt Chrysochos. Das Team von Hellenic Cables verglich die drei Methoden – CIM, EMT-Software und FEM-Simulation (mit COMSOL Multiphysics) – bei der Analyse einer unterirdischen Kabelanlage mit 87/150 kV Nennspannung und 1.000 mm² Querschnitt. Es modellierte das Magnetfeld und die Verteilungen der induzierten Stromdichte in und um die Leiter des Kabelsystems und berücksichtigten dabei die Art der Schirmanbindung an einem externen Stromkreis. Die Ergebnisse aller drei Methoden zeigen eine gute Übereinstimmung für das Kabelsystem für drei verschiedene Konfigurationen: Solid Bonding, Single-point Bonding und Cross Bonding. Dies zeigt, dass sich die FEM auf alle Arten von Kabelkonfigurationen und -installationen anwenden lässt, wenn man sowohl die kapazitive als auch die induktive Kopplung berücksichtigt.

Strahlende, windige Zukunft dank FEM-Simulation

Hellenic Cables plant, die Kabel­modelle weiter zu verbessern. Wie der Wind, der Offshore-Windparks antreibt, sind elektrische Kabelsysteme allgegenwärtig. Auch wenn sie für uns meist unsichtbar sind, ermöglichen sie uns den Zugang zu einer gut vernetzten Welt.

Von Brianne Christopher.

[1] A.I. Chrysochos et al., „Capacitive and Inductive Coupling in Cable Systems – Comparative Study between Calculation
Methods“, 10th International Conference on Insulated Power Cables, Jicable, 2019.


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