17.10.2022 – Kategorie: Komponenten & Systeme

Fördersysteme: Auf schnellstem Weg durch die Produktion

FördersystemeQuelle: Knoll

Als „Multilinie“ bezeichnet Stiebel Eltron seine neue, hochflexible Produktionsanlage für Wärmepumpen. Ihre Besonderheit: Starre Förderstrecken mit Handarbeitsplätzen sind mit einzelnen Arbeits- und Prüfstationen via FTS verbunden. Knoll Maschinenbau lieferte die Fördertechnik und kümmerte sich um die intelligente Verkettung von Sensoren und Software.

Stiebel Eltron ist Anbieter von Wärmepumpen für Heizung, Kühlung und Warmwasserbereitung. Das Produktprogramm umfasst verschiedene Modelle – innen- und außenaufgestellte Wärmepumpen, Lösungen, nach dem Luft-Wasser-, Sole-Wasser- oder Wasser-Wasser-Prinzip, in verschiedenen Leistungsklassen und viele mehr. Um der steigenden Nachfrage zu begegnen, beschloss das Unternehmen, die Wärmepumpen-Produktion weiter zu optimieren und neue Fördersysteme zu implementieren.

Projekt Produktionsanlage optimieren

Eine Aufgabe für die Abteilung „Rationalisierung und Betriebsmittel“. Leiter Jens Knaup beschreibt: „Unser Aufgabengebiet ist sehr vielfältig. Wir unterstützen bei der Auswahl, Beschaffung und Implementierung von unterschiedlichem Equipment. Das reicht von einer einzelnen Maschine bis hin zu umfangreichen Projekten, wie zum Beispiel einer optimierten Produktionsanlage für unsere Wärmepumpen.“

Knaup und sein Team arbeiten stets in enger Abstimmung mit der entsprechenden Abteilung. In der Regel werden verschiedene Konzepte ausgearbeitet und bewertet. Vor der Detailplanung erfolgt die Abstimmung mit den Auftraggebern. Dann werden gegebenenfalls externe Partner eingebunden, mit denen sich die Pläne umsetzen lassen.

Fördersysteme: Die Multilinie für Wärmepumpen

So auch bei der Optimierung der Wärmepumpen-Produktion am Standort Holzminden. Die Leitung des Projekts übernahm Roman Flegel, einer der Mitarbeiter von Jens Knaup: „Wir starteten Anfang 2019 mit der Analyse der Ausgangssituation.“ Damals gab es verschiedene modellbezogene Fertigungslinien, in denen Wärmepumpen händisch auf Montagewagen von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz geschoben wurden – ein wenig flexibles und im Störungsfall auch zeitintensives Konzept.

„Die Aufgabenstellung war von vornherein, eine hochflexible Fertigungslösung zu implementieren“, berichtet der Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieur, „in der wir trotz der hohen Diversifikation alle Wärmepumpentypen über eine Fertigungslinie produzieren können. So kann gewährleistet werden, auch zukünftig effizient und wirtschaftlich zu produzieren.“

Fördersysteme
Knoll konstruierte und lieferte neben den Fördersystemen und Montagearbeitsplätzen auch die Trägerplatten, die mit allen Wärmepumpen- Varianten kompatibel sind. Bild: Knoll

Roman Flegel und seine Kollegen arbeiteten ein Konzept aus. Da die Montageabfolge der einzelnen Modelle unterschiedlich ist, war eine durchgängig starre Montagestrecke von Anfang an ausgeschlossen. „Wir brauchen hohe Flexibilität“, erklärt Flegel. „Die erreichen wir durch die Kombination von zwei kurzen Förderstrecken, die jeweils zwei Montagearbeitsplätze enthalten, mit separaten Lötarbeits- und Prüfstationen.“ Den individuellen Transport zwischen diesen Einheiten übernehmen fahrerlose Transportsysteme (FTS). Für die Organisation der Abläufe ist eine im ERP verankerte Auftrags- und Kopfsteuerung zuständig, die alle Wärmepumpentypen und Arbeitsplätze einbezieht.

Jens Knaup weist auf die Hauptanforderung hin, die das innovative Anlagenkonzept zu erfüllen hatte: „Wir müssen unsere Produktinformationen mit intelligenten Fördersystemen und autonomen Transportfahrzeugen verknüpfen sowie Schnittstellen untereinander und zu unserem SAP ME-System schaffen. Das ist uns gemeinsam mit unseren Partnern hervorragend gelungen – ein echtes Vorzeigeprojekt in Sachen Digitalisierung und Industrie 4.0.“

Erfolgreiche Partnersuche

Mit dem Lastenheft gingen die Anlagenplaner auf verschiedene FTS- und Fördertechnikanbieter zu und entschieden sich schließlich für die Firma Knoll. Roman Flegel: „Mit der Fördertechnik von Knoll Maschinenbau setzen wir ein System ein, das ein standardisiertes, modulares Design aufweist und damit der Herausforderung unserer Multilinie gewachsen ist. Die Möglichkeit, das System bei Knoll in der Fertigung live zu erleben, hat bei unserer Entscheidung natürlich geholfen.“

Bei der Wahl des FTS-Anbieters fiel die Entscheidung für DS Automotion. Die SAP-Integration übernahm das Ingenieur-Team von IGZ in Falkenberg.

Multilinie entstand im Produktionsbetrieb

Ein zentrales Element der Multilinie ist das Zusammenspiel von Transportbändern, Montagestationen, FTS und SAP ME mit der integrierten Anlagensteuerung. „Daher war es für uns wichtig, mit Knoll einen Partner zu haben, der sich sowohl auf SPS-Seite zur Steuerung der Antriebe, Hubtische, Drehbewegungen etc. sehr gut auskennt, aber auch Schnittstellen-Know-how besitzt“, betont Roman Flegel. „Knoll steuert außerdem die gesamte Sensorik bei, die an den Übergabestellen erforderlich ist.“

Im Sommer 2020 erfolgte die Vergabe des Projekts an die genannten Zulieferer und Dienstleister. Im Laufe eines knappen Jahres gelang es Stiebel Eltron mit seinen Partnern, die Multilinie produktionsreif aufzubauen. Laut Jens Knaup ist das eine enorme Leistung, denn der Produktionsbetrieb musste wegen der hohen Auftragszahlen parallel weiterlaufen. „Teilweise wurde der Boden saniert, inklusive der farblichen Unterscheidung zwischen Fahrstrecken und Montagezonen“, so Knaup.

Das Ergebnis: Die Multilinie enthält an drei Stationen individell konfigurierte Transportsysteme von Knoll, die über FTS miteinander verknüpft sind. Die FTS fahren in die Stationen ein und vollziehen dort einen Lastwechsel, um die Transportpalette abzugeben oder aufzunehmen. Neben diesen Aufnahme- und Abgabestationen wurden weitere Bearbeitungs- und Pufferstationen mit den Knoll-Modulen realisiert. Die meisten Bearbeitungsstationen enthalten einen Hubtisch inklusive Drehplattform, mit dem die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz individuell und ergonomisch auf die eigenen Bedürfnisse anpassen können.

Knoll entwickelte auch den universellen Werkstückträger, der alle Wärmepumpen-Modelle aufnehmen kann. 100 dieser Paletten sind in der Fertigung unterwegs. Der Werkstückträger mit den zu produzierenden Geräten wird mittels Förderband von der Bodenblech- zur Verdichtermontage und dann von den FTS zum Löten des Kältekreises gebracht. Dafür stehen vier verschiedene Arbeitsstationen bereit. Anschließend geht es zur sogenannten „Verdampferlinie“, einem Montageband mit zwei Stationen, in denen erst der Verdampfer eingebracht und anschließend gelötet wird. Je nach Pumpenmodell kann die Abfolge auch variieren. Am Ende steht aber immer die Druck- und Dichtigkeitsprüfung in der Prüfkammer.

Fördersysteme
Durch den Einsatz intelligenter Fördersysteme und autonomer Transportfahrzeuge gelang es Stiebel Eltron, eine hochflexible Produktionslinie zu realisieren, in der nahezu alle Wärmepumpentypen montiert werden können. Bild: Knoll

Fördersysteme: Erfolg auf der ganzen Linie

Seit der Inbetriebnahme der neueb Fördersysteme im Sommer 2021 läuft die Anlage im Produktivbetrieb. Jens Knaup ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: „Das gilt für die Qualität der gelieferten Hardware in Form der Transportbänder und Handarbeitsplätze wie auch für die Bedienung der Hub- und Drehtische über Steuereinheiten an den Arbeitsplätzen: Sie ist einfach und dank Hardwaretaster störungsunanfällig realisiert.“

Projektmanager Roman Flegel: „Die Zusammenarbeit war stets professionell und ergebnisorientiert. Knoll war maßgeblich an der Programmierung der Schnittstellen zum fahrerlosen Transportsystem und SAP ME beteiligt.“ Zudem hebt er die Flexibilität aller beteiligten Mitarbeiter hervor, die den Aufbau der Multilinie bei vollem Betrieb der Altanlage überhaupt erst möglich gemacht habe.

Auch die Produktionsverantwortlichen sind zufrieden. Durch die Implementierung zukunftsgerichteter Fördersysteme und Prozesse sei es gelungen, die Produktivität deutlich zu steigern und eine enorme Transparenz zu erreichen. Dieses Projekt sei zwar abgeschlossen, so Jens Knaup, aber der Umbau der Wärmepumpen-Produktion sehe noch weitere zu automatisierende Schritte vor: die Endmontage, die Prüfung und die Verpackung.

Von Wolfgang Klingauf.

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