20.10.2015 – Kategorie: Hardware & IT

Großprojekt Verkehrswegeplanung

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Mit welchen Arbeitsmitteln erreicht man eine möglichst hohe Effizienz, wenn man beauftragt wird, Großprojekte für Straße oder Schiene im Inland oder auch im Ausland zu planen? Diese Frage stellen sich deutsche Ingenieurbüros immer wieder, bemühen sie sich um große innerdeutsche und europäische Planungsaufträge im Bereich Verkehrswegebau und ist von vorneherein klar, dass die interdisziplinären Planungsaufgaben nicht mit einem Team an einem einzigen Standort zu bewältigen sind. Von Stephan Tabertshofer

Meist wird schon bei der Ausschreibung großer Planungsmaßnahmen im Verkehrswegebau die Personal- und IT-Ausstattung abgefragt und dem Anbieter offenbart, welche Datenformate er während (und bei Abschluss) der Planungsarbeiten auszutauschen oder zu übergeben hat. Wenn die anbietenden Planungsbüros viel Glück haben, wird für die Datenübergabe „nur“ das Zeichnungs-DXF-Format gefordert. Damit ist eigentlich allen Beteiligten klar, dass es keine Softwarebindung für die Planung und Zeichnungserstellung der Verkehrswege und ihrer technischen Ausstattung gibt, weil mittlerweile jede CAD- und Design-Software und auch jede Trassierungs- und Berechnungssoftware Vektordaten im DXF-Format austauschen kann. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit aber auch sehr hoch, dass jede übergebene Zeichnungsdatei unter Umständen aufwändig umzuformen und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen ist, weil jede Software das DXF-Format unter eigenen Gesichtspunkten „interpretiert“. Das klingt schon während des Lesens nicht nach ökonomischem Datenaustausch!
Natürlich soll hier nicht verheimlicht werden, dass im Verkehrswegebau zum Austausch der „echten“ Trassierungsdaten auch andere Schnittstellen wie die alten IBM-Karten- und REB-Datenarten, Verm.esn, ASCII-Bahn sowie die modernen multifunktionalen Schnittstellen LandXML, OKSTRA, DB-GIS, IDMVU usw. zur Verfügung stehen und auch herangezogen werden. Aber letztlich geht es dem Auftraggeber ja um das bildlich dargestellte beziehungsweise visualisierte Ergebnis der Planung (sei es in 2D oder in 3D) – und das sind nach wie vor die Zeichnungen, die geprüft, genehmigt, zur Bauausführung freigegeben und zuletzt ins eigene Archiv übergeführt werden – sei es nun in Papierform und/oder digital. Da mit dem Einzug der PCs in die Bürowelt der planenden Ingenieure in den letzten 20 bis 30 Jahren auch eine starke Verbreitung von AutoCAD stattgefunden hat (AutoCAD war anpassungsfähig, erweiterbar und vergleichsweise preisgünstig), ist das DWG-Format neben dem DGN-Format von Microstation praktisch zum Standard-Zeichnungsaustausch-Format geworden. Heute ist AutoCAD in deutschen Ingenieurbüros aller Fachbereiche so stark verbreitet, dass viele Hochschulen die Anwendung der CAD-Software ins Seminarprogramm aufgenommen haben.

Verkehrswegetrassen planen

Auch das Planungsbüro Obermeyer Planen + Beraten GmbH hat von Anfang an – mit dem Verlassen der Großrechnerwelt und der Einführung der Personal Computer – die CAD-Software AutoCAD dazu benutzt, nicht nur Zeichnungen zu erstellen, sondern auch die zu planenden Verkehrswegetrassen grafisch interaktiv zu berechnen und darzustellen. Dabei war die Programmierung einer entsprechenden AutoCAD-Applikation auf PC-Basis nur die konsequente Weiterführung der für den eigenen Großrechner selbst entwickelten Trassen-Berechnungssoftware. Das daraus entstandene, professionelle Programmsystem für die Verkehrs- und Infrastrukturplanung „ProVI“ hat sich zu einem sehr effizienten Planungswerkzeug entwickelt – nicht nur, weil es direkt auf AutoCAD aufsetzt und damit ohne Umwege die gewünschte, originäre DWG-Datei erzeugt, die ohne Konvertierungsumwege mit den meisten Planungsbüros und deren Berechnungssoftware für Sicherungstechnik/Lichtsignalanlagen, Telekommunikation, Energietechnik, Entwässerung, Brücken-/Tunnelbau u.v.a.m. ausgetauscht werden kann, sondern weil es seit fast zehn Jahren zum Speichern der eigenen Daten eine Datenbank benutzt, um das reibungslose Zusammenarbeiten vieler Anwender in einem großen Planungsteam zu ermöglichen.

Trassierungsdaten im Arbeitsverzeichnis

„Das Software-Konzept sah von Anfang an vor, die Berechnungsdaten aus der grafisch-interaktiven Trassierung nicht in der gerade aktiven AutoCAD-Zeichnung selbst abzulegen, sondern in einem eigenen Arbeits- oder Projektverzeichnis, um sie von dort aus jederzeit und von jeder beliebigen Zeichnung aus zu weiteren Berechnungen aufrufen zu können – und vor allem, um sie in den unterschiedlichsten Maßstäben und Zeichnungsstilen in beliebig vielen Zeichnungsdateien darstellen zu können“, erklärt Produktmanager Matthias Frei. „Das Ablegen der grafisch-interaktiv ermittelten Trassierungsdaten eines Projekts in einem Arbeitsverzeichnis ging aber nur solange gut, wie ein einzelner Planer – egal ob Ingenieur oder Zeichner – mit dem System in dem Projekt arbeitete. Sobald ein zweiter Planer auf die Berechnungsdaten zugreifen wollte, mussten die beiden sich entscheiden. Entweder nutzten sie die Daten gemeinsam – mit der Gefahr, dass sie sich gegenseitig die Daten überschrieben, wenn sie sich nicht permanent und konsequent abstimmten, wer mit welchen Daten arbeiten musste. Oder die Berechnungsdaten wurden dupliziert und personalisiert, damit wieder jeder unabhängig vom anderen arbeiten konnte – allerdings mit der bitteren Konsequenz, dass die verschiedenen Berechnungsdaten eines Projekts möglicherweise nie mehr mit vertretbarem Aufwand zusammengebracht werden konnten, wenn man nicht von Anfang an die Arbeitsbereiche innerhalb des Projekts trennte und einheitlich strukturierte. Stellen Sie sich bitte einmal den Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand vor, wenn ein dritter, vierter und fünfter Planer in das Trassierungsteam einstieg – oder wenn im Rahmen eines größeren Planungsprojekts die Trassierung auch an mehreren Standorten stattfinden musste!“

Datenablage zentralisiert

Also wurde 2006 beschlossen, für die Berechnungsdaten ein Datenmanagement-System ins Leben zu rufen, das die Ablage der Daten zentralisiert und die Zugriffe auf die Daten erlaubt oder verwehrt. „Mit Einführung der Projekt-Datenbank lösten sich auf einmal alle bisherigen Abstimmungsprobleme innerhalb der Bearbeitung mit unserem Trassierungssystem“, führt Matthias Frei weiter aus. „Alle Mitarbeiter im Planungsteam konnten jetzt in dem neu eingeführten Projekt-Browser sehen, welche Daten schon vorhanden und welche gerade in Bearbeitung, also gesperrt sind. Die Planer konnten sich nicht mehr gegenseitig die Daten überschreiben – und jeder, der ins Projekt einstieg, konnte direkt auf den aktuellen Planungsstand zugreifen. Außerdem lagen alle Daten ab sofort nur noch an einem Ort – nämlich in der Projektdatenbank, auf die nun beliebig viele Anwender Zugriff hatten.“
Aus der Einführung des Datenmanagement-Systems ergaben sich noch weitere, wichtige Vorteile für die Planer:

■  Die individuellen Kontextmenüs jedes im Projekt-Browser sichtbaren Elements ermöglichen nun eine sehr intuitive Bedienbarkeit.
■  Die Daten werden jetzt durch programmseitig erzeugte, virtuelle Ordner strukturiert dargestellt. Die Übersichtlichkeit innerhalb der Berechnungsdaten kann zusätzlich noch durch das Anlegen eigener Unterordner verbessert werden.
■  Die Abhängigkeiten zwischen den erzeugten Daten werden sofort sichtbar und plausibel nachvollziehbar.
■  Bei Änderungen wird jetzt automatisch angeboten, die abhängigen Daten nachzuziehen.

2008 kam dann mit der Einführung eines Rechtesystems eine mögliche Rollenverteilung innerhalb der Projektbearbeitung dazu. Der nächste, echte Quantensprung erfolgte aber 2010 mit der Einführung des Microsoft-SQL-Servers als Datenhaltungssystem. Seitdem ist es möglich, standortübergreifend bei stabiler Performance im Team so mit den ProVI-Trassierungsdaten zu arbeiten wie durch das Autodesk-Vault-System mit den Zeichnungsdaten.
„Damit haben wir eines der wichtigsten Kriterien für eine moderne Planungssoftware und für die Anforderungen des Markts erfüllt“, fasst Matthias Frei resümierend zusammen. „Ein kleines Planungsvorhaben erfordert meistens die Zusammenarbeit mindestens eines Ingenieurs und eines Zeichners. Ein großes Planungsprojekt braucht ein großes Team vieler Ingenieure, Techniker und Zeichner. In beiden Fällen ist es wichtig, dass alle auf dieselben Berechnungsdaten zum Trassieren und Zeichnungserzeugen zurückgreifen, und nicht ihre Zeit oder das Projektbudget damit verschwenden, ihre Berechnungsdaten miteinander abzugleichen oder nach den aktuellen Daten zu suchen – egal, ob sie in einem Büro oder auf viele Standorte verteilt sitzen. ProVI hat somit den BIM-Gedanken schon umgesetzt, bevor andere davon geredet haben.“ (anm)


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