17.05.2023 – Kategorie: Fertigung & Prototyping

Großteile aus dem Pulverbett: Anlagenkonzept vereint hohes Bauvolumen und Ressourceneffizienz

Selektives Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett (E-PBF)Quelle: ALD Vacuum Technologies GmbH

Additive Fertigung von Großteilen: Das größte Pulverbettschmelzsystem erhöht Bauvolumen um das 26-Fache und verbessert den Ressourcenverbrauch.

  • Additive Fertigung von Großteilen: Das System für das selektive Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett (E-PBF) erhöht Bauvolumen um das 26-fache und verbessert den Ressourcenverbrauch.
  • Verbesserte Produktivität und Qualitätsmanagement ermöglichen Produktion im industriellen Maßstab.
  • Der Entwickler ALD Vacuum Technologies setzt dabei auf drei bewährte Technologien.

Die Additive Fertigung (AM) wie zum Beispiel das selektive Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett (E-PBF) ist für ihre höhere Flexibilität und Gestaltungsfreiheit sowie für einen effizienteren Werkstoffeinsatz im Vergleich zu konventionellen Fertigungsmethoden bekannt. Die Technologie ist im industriellen Maßstab jedoch noch nicht rentabel, um auf breiter Basis in der Produktion einsetzbar zu sein. Die mögliche Bauteilgröße ist begrenzt, und die Qualität des Endprodukts hängt stark von der Qualität des verwendeten Pulvers ab.

Um das Verfahren für die Metallverarbeitung auf industrielles Niveau zu heben, das heißt, große Bauteile mit hoher Produktivität zu fertigen, setzt ALD Vacuum Technologies auf drei bewährte Technologien:

  • einen Hochtemperatur Vakuumprozess,
  • eine effiziente Elektronenstrahltechnologie
  • und ein robustes System zum Pulverauftrag.

Das Unternehmen hat es geschafft, das weltweit größte E-PBF-System zu entwickeln und zu bauen. Somit ist es möglich, Bauteile herzustellen, die signifikant größer sind, als es bisher etablierte PBF-Konzepte zulassen. So lassen sich jetzt zum Beispiel große Turbinenbauteile oder Implantate durch selektives Schmelzen von Metallpulverschichten aus Titanlegierungen wie Ti64 oder Titanaluminiden, nickelbasierten Superlegierungen, Kupfer oder refraktären Metallen herstellen.

Selektives Schmelzen im Pulverbett: Geringer Materialverbrauch und Flexibilität in der Metallverarbeitung

Additive Fertigungsprozesse wie selektives Schmelzen im Pulverbett werden aufgrund ihres geringen Materialverbrauchs und ihrer Flexibilität in der Metallverarbeitung immer beliebter.

„Anstatt Material durch konventionelle Verfahren wie Fräsen abzutragen, werden die gewünschten Bauteile schichtweise durch selektives Schmelzen von Metallpulver mit einer starken Wärmequelle wie einem Laser- oder Elektronenstrahl hergestellt“, erklärt Dr. Fuad Osmanlic, Vice President Additive Manufacturing bei ALD.

„Dies ermöglicht im Allgemeinen einen effizienteren Einsatz der Ressourcen und führt zu weniger Materialverschwendung und geringerem Energieverbrauch.“ Allerdings sind diesen Verfahren für die industrielle Fertigung noch Grenzen gesetzt, insbesondere hinsichtlich der Bauteilgröße. Das schränkt die Bandbreite der möglichen Teile ein. Außerdem hängt die Produktionsqualität vom verwendeten Pulver ab. Eine schlechte Pulverqualität kann beispielsweise zu unzulässigen mechanischen Eigenschaften des Bauteils führen, was die Produktionsrate reduziert. Je nach Konzeption kann der AM-Prozess aber auch sehr energie- und zeitintensiv sein. Daher können konventionelle Fertigungsverfahren in bestimmten Situationen wirtschaftlicher sein.

Die Extraktionseinheit umfasst eine Handschuhbox. Bild: ALD Vacuum Technologies GmbH

Neues Anlagenkonzept für die additive Fertigung

Um diese Nachteile zu beseitigen, hat ALD seine langjährige Expertise im Anlagenbau genutzt. Verschiedene bewährte Technologien fließen dabei in ein neues Anlagenkonzept für additive Fertigung ein. Das Konzept wurde dabei auf Serienfertigung mit hoher Flexibilität, tiefgreifende Prozesskontrolle und optimales Ressourcenmanagement ausgerichtet. Ergebnis war die sogenannte EBuild, ein völlig neues Anlagenkonzept für das selektive Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett. Es ist das erste System, das sich für die Herstellung großer Bauteile und für die wirtschaftliche Massenproduktion kleinerer Bauteile eignet.

EBuild zeichnet sich unter anderem durch ein spezielles Pulverzufuhrsystem, eine effiziente Elektronenstrahltechnologie und die Verwendung besonders hitzebeständiger Materialien aus. Dies ermöglicht eine Effizienzsteigerung bei Endprodukten wie Turbinen und reduziert gleichzeitig den Materialverbrauch im Vergleich zu konventionellen Fertigungsverfahren deutlich. Darüber hinaus ist das System vollständig vakuumdicht. Somit ist die additive Fertigung von Metallteilen im Vakuum oder unter Schutzgasatmosphäre möglich. Die Synergie zwischen den einzelnen Systemkomponenten in Kombination mit einem intelligenten Steuerungssystem führt zu Kosteneinsparungen und einem geringeren Energieverbrauch in der Produktion und im Produktlebenszyklus.

Hauptkomponenten des Systems

In seiner Grundkonfiguration ist das EBuild 850 System für die Herstellung von Metallbauteilen bis zu einer Größe von 850 x 850 x 1’000 mm³ aus Metallpulver durch schichtweises selektives Elektronenstrahlschmelzen mit anschließender Erstarrung ausgelegt. Die Hauptkomponenten des Systems bestehen aus einer Elektronenstrahlkanone, einer verfahrbaren Baukammer, einer Prozesskammer, die mit einem fortschrittlichen Pulverauftragssystem verbunden ist, sowie einer Pulveraufbereitungs- und Bauteileentnahmeeinheit.

Um die Produktionskapazität der Anlage noch weiter zu erhöhen, lässt sich die Anlage durch eine zweite Baukammer ergänzen. Während in der ersten Baukammer Schmelz- und Abkühlprozesse stattfinden, können Anwender parallel dazu die Teile und das Pulver aus der zweiten Kammer entnehmen und diese für den nächsten Schmelzvorgang vorbereiten. „Um die Einschränkungen in puncto Bauteilgröße zu überwinden, haben wir das Kammerdesign bewusst um ein Vielfaches der bisher üblichen Abmessungen erweitert, ohne dabei die Prozessqualität zu beeinträchtigen“, erklärt Dr. Osmanlic. Somit kann die hochpräzise Abzugseinheit ein bis zu 15 Tonnen schweres Pulverbett mit einer Genauigkeit von etwa 0,01 mm bei einer Gesamtbauhöhe von rund 1’000 mm positionieren.

Auch Pulver mit geringer Fließfähigkeit lassen sich verarbeiten

Für den Auftrag des Basismaterials ist das Pulverauftragssystem in der Lage, Pulver mit geringer Fließfähigkeit zu verarbeiten. In diesem Fall wird die Zufuhrplattform genau um die vom Bediener vorgegebene Höhe angehoben. Das stellt sicher, dass das dem Rechen zugeführte Pulver konstant bleibt. Damit die hohen Prozesstemperaturen beim Schmelzen die Pulververteilung nicht beeinflussen, ist das Auftragssystem wassergekühlt.

„Es war uns wichtig, dass unser Pulverauftragssystem auch Pulver mit geringer Fließfähigkeit verarbeiten kann, um die Pulverausbeute zu erhöhen und damit Ressourcen zu schonen und den Kilopreis zu senken“, ergänzt Dr. Osmanlic.

Während der Rechen schichtweise neues Material aufträgt, schmilzt der Elektronenstrahl das Pulver selektiv entlang der definierten Bauteilkonturen auf, bis das Bauteil fertig ist und an die Entnahmeeinheit übergeben werden kann. Alle Kammerwände und Komponenten, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind, verfügen über Hitzeschilde. So bleibt der Energieverbrauch während des Schmelzvorgangs gering und Wärmeverluste lassen sich vermeiden. Darüber hinaus wurden alle Ventile, die Pulver und Metallstaub ausgesetzt sind, mit speziellen Schutzvorrichtungen ausgestattet, um eine zuverlässige Funktion unter diesen extremen Betriebsbedingungen zu gewährleisten. „Dieser Ventiltyp hat sich seit vielen Jahren in ähnlichen Anwendungen unter Produktionsbedingungen bewährt“, fügt Dr. Osmanlic hinzu.

Hoher Automatisierungsgrad

Um den Anforderungen der industriellen Serienproduktion zu entsprechen, verfügt das System über einen hohen Automatisierungsgrad. Moderne Prozessüberwachung, Closed-Loop-Regelung, Datenaufzeichnung, Statusanzeige, Fehler- und Alarmmeldungen sowie Sicherheitsverriegelungen gewährleisten einen sicheren und effizienten Betrieb. Hervorzuheben ist die Rückstreuelektronen-Bildgebung. Denn diese stellt eine automatische Fehlererkennung durch kontrastreiche Schichtbilder sicher. Sie ermöglicht darüber hinaus die Erstellung eines digitalen Zwillings als 3D-Modell. Die gesamte Prozessvorbereitung, -steuerung und -überwachung kann über einen PC oder eine integrierte Schnittstelle erfolgen. Dabei werden alle relevanten Funktionen visualisiert. Das gesamte Bedienkonzept ist selbsterklärend und einfach zu bedienen.

Zusätzlich ermöglichen mehrere lokale Bedienpanels, die im Betriebsbereich installiert sind, die Ausführung bestimmter Systemfunktionen vor Ort. „Trotz des hohen Automatisierungsgrades legen wir Wert auf eine flexible Bedienung und Kontrolle dort, wo es notwendig ist“, erklärt Dr. Osmanlic.

Produkte, Werkstoffe und Prozesse vorab testen

Da der Einsatz von AM in der Metallverarbeitung aufgrund mangelnder Erfahrung mit dieser neuen Fertigungstechnologie eine riskante Entscheidung sein kann, wurde im ALD eigenen Technikum eine EBuild 850-Anlage als Technologiedemonstrator installiert. Interessenten können dort ihre Produkte, Werkstoffe und Prozesse vorab testen, um dann in enger Abstimmung mit dem Engineering-Team der ALD die Anlagenplanung durchzuführen. Ziel ist es, ein auf individuelle Anforderungen zugeschnittenes schlüsselfertiges System inklusive Prozess- und Produktionsunterstützung zu konzipieren und zu liefern.

Keine Standardanlage

„Die Umstellung auf neue Technologien in der eigenen Produktion kann zu enttäuschenden Ergebnissen führen, wenn man nicht das volle Potenzial ausschöpft. Aus diesem Grund ist die EBuild 850 keine Standardanlage, sondern speziell darauf ausgelegt, dem Nutzer die größtmögliche Gestaltungsfreiheit für seine Bauteile zu bieten und das zu produzieren, was benötigt wird, wenn es benötigt wird – ohne Angst vor explodierenden Energiekosten und hohen Materialverlusten.“, fasst Dr. Osmanlic zusammen.

Bild oben: Die EBuild 850 von ALD ist nach Angabe des Herstellers die größte E-PBF-Anlage der Welt (selektives Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett). Sie steht in Hanau, Deutschland. Bild: ALD Vacuum Technologies GmbH

Quelle: ALD Vacuum Technologies GmbH

Weitere Informationen im Internet unter: https://www.ald-vt.com/de/

Erfahren Sie hier mehr über die Lebenszyklusanalyse für die additive Fertigung.

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