17.05.2019 – Kategorie: Maschinenbau
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IIoT im Maschinenbau: Denken wie die Start-ups
Der typische Maschinenbauer braucht die Digitalisierung nicht zu fürchten: Er hat sich enormes Know-how in seinen Anwendungsbereichen erarbeitet und ist in der Lage dieses weiter auszubauen. Nun geht es darum, über das liebgewonnene Produkt hinaus zu denken und die Methoden an die kommende IIoT-Ära anzupassen. Wie das geht, zeigt dieser Bericht. › von Dr. Stefan Kusterer
Der typische Maschinenbauer braucht die Digitalisierung nicht zu fürchten: Er hat sich enormes Know-how in seinen Anwendungsbereichen erarbeitet und ist in der Lage dieses weiter auszubauen. Nun geht es darum, über das liebgewonnene Produkt hinaus zu denken und die Methoden an die kommende IIoT-Ära anzupassen. Wie das geht, zeigt dieser Bericht. › von Dr. Stefan Kusterer
Noch ist die Entwicklung nicht ganz angekommen im Maschinenbau, aber die traditionellen Geschäftsmodelle vieler produzierender Unternehmen geraten in den nächsten Jahren unter Druck – oft ist die Mechanik der Produkte bereits auf hohem Niveau. Sollte dennoch ein großer Innovationssprung das „analoge Produkt“ verbessern – ist es fraglich, ob dieser ausreicht, um mit digitalen Innovationen eines Mitbewerbers zu konkurrieren.
Dabei brauchen gerade Industrieunternehmen diese Zukunft nicht zu fürchten, denn sie haben sich in der Regel ein enormes Know-how erarbeitet. Nun gilt es, dieses das Wissen für in die kommende IIoT-Ära zu transformieren. Körber befasst sich als Maschinenbauer bereits intensiv mit diesem Thema. Im Folgenden einige Erkenntnisse aus dieser Auseinandersetzung: Zunächst geht es um die Etablierung eines erfolgsversprechenden Geschäftsmodells. Erst im nächsten Schritt sollte die zu verwendende IIoT-Anwendung ins Visier kommen und schließlich die dazu benötigte IIoT-Plattform.
IIoT-Geschäftsmodelle entwickeln
Das ist einfach gesagt, nur: Wie geht das jetzt? Viele denken hier gleich an die nächste große technokratische Revolution. Doch die muss es nicht unbedingt sein. Es gibt zwei Ansatzpunkte:
1. Erweiterungen im bestehenden Portfolio: Gerade für Maschinenbauer ist dies ein wichtiger Ansatz, denn einfache IIoT-Anwendungen können dabei helfen, Lieferzeiten und „time-to-market“ zu verkürzen und die Wertschöpfung auf Basis des eigenen Produktes zu erhöhen. Ermöglicht die Digitalisierung etwa eine funktionierende vorausschauende Wartung, erlaubt das dem Anwender der Maschine oder Anlage seine Gesamtanlageneffizienz zu verbessern. Große Maschinenbauer sind dabei, digitalisierte pay-per-use-Modelle zu etablieren. Der Kunde bezahlt nur für die produktive Leistung, statt die Maschine zu kaufen. Er spart damit die hohe Anfangsinvestition.
2. Disruption: Auch wenn die (gedanklichen) Hürden höher sind, kann es sich lohnen weiter zu denken. Jetzt geht es tatsächlich um möglicherweise umwälzende Innovationen und völlig neuartige Service- oder Software-Produkte. Ein Roboter-Produzent vertreibt beispielsweise künftig das Betriebssystem seiner Geräte losgelöst von den mechanischen Roboter-Einheiten – die Geräte selbst werden zum austauschbaren Standardprodukt.
Ob disruptiv oder digitale Zusatzleistung – das Geschäftsmodell muss tragfähig und erfolgsversprechend sein. Die Entwicklung eines solchen Modells ist in den wenigsten Fällen eine Aufgabe, die ein Unternehmen allein bewerkstelligen sollte. Vielmehr ist die Digitalisierung Teamwork über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus. Das Folgende ist für die Industrie schon fast radikal: Es geht darum, sich absolut offen miteinander auszutauschen, die eigene Arbeit in Frage zu stellen und aus Fehlern zu lernen. Erfahrungen werden immer wieder bewertet und wenn nötig werden sie korrigiert.
Die Methoden der Start-ups
Start-ups tun sich oft leicht mit der Entwicklung von Geschäftsmodellen. Das liegt wohl nicht zuletzt an den Methoden, die sie einsetzen. Doch welche Zaubermethoden sind das eigentlich?
Das Model auf der Leinwand
Das „Business Model Canvas“ ist frei übersetzt ein „Geschäftsmodel auf einer Leinwand“. Es geht darum, die Geschäftsidee auf eine (wenn auch große) einzelne Seite abzubilden. Die Maschine soll beispielsweise mithilfe eines automatisierten „Configure-2-Order“ zu bestellen sein? Die Verantwortlichen zeichnen alle Schritte der Konfiguration über die dafür benötigte Teilefertigung bis zu Auslieferung der Maschine auf die „Leinwand“. Nun stellen sie das Ergebnis einer radikal offenen Diskussion und zwar absolut ergebnisoffen.
Es lebt – gerade so
Ähnlich funktioniert das „Minimal Viable Product“ (MVP). Jedoch geht es hier nicht um die Offenheit bei der Entwicklung des Geschäftsmodells, sondern um die agile Entwicklung und Verifikation eines Produktes in einer sehr frühen Phase. Ob Software oder Maschine: Minimaler Aufwand und auf das nötigste reduzierte Funktion machen das MVP zum MVP. Zudem braucht das MVP auch erste Nutzer. Mittels dem MVP eines Online-Buchungssystems für Logistikunternehmen hat beispielsweise ein Hamburger Start-up verifiziert, ob Logistikanbieter daran interessiert sind, Dienstleistungen online anzubieten.
Alle an den Tisch
Wie können beispielsweise Probleme des Bedieners an der Maschine behoben werden? Diese Frage kann mit „Design Thinking“ gelöst werden. Die Bedürfnisse des Bedieners werden gleichwertig mit technischen Themen der Produktentwicklung betrachtet. Menschen unterschiedlicher Position und Disziplin arbeiten in einer Kombination aus Verstehen, Beobachtung, Ideenfindung, Verfeinerung und stetem Lernen zusammen. Iterativ geht es zu einem Produkt, das funktioniert und mit dem sich der Bediener wohl fühlen kann.
Der Wendehals als Methode
Viele Start-ups nutzen das sogenannte „Pivoting“ (Umschwenken) als Entwicklungsstrategie. Dabei ist ein Produkt nicht unweigerlich gescheitert, wenn es sich am Markt (noch) nicht durchsetzt. Das Scheitern gilt als Starschuss für einen neuen Versuch. Jedoch ist nun bewusstes „Umschwenken“ angesagt. Vielleicht ändert sich dabei sogar der komplette Businessplan.
Sprints statt Langstrecke
Einige Beispiele aus High-Tech-Hochburgen wie Shenzhen in China oder dem Silicon Valley in den USA zeigen, dass es hilfreich ist, wenn Produktentwicklungen in Etappen stattfinden. In sogenannten „Sprints“ arbeitet das verantwortliche Team so lange wie möglich am Stück am Projekt. Nun folgt eine Pause, die für Vorarbeiten genutzt wird. Im nächsten „Sprint“ geht es weiter.
Die Methoden der Start-ups mögen dem Maschinenbauer zunächst wie Voodoo anmuten – mit Bedacht angewandt, können sie das Unternehmen jedoch fit machen für die neue Ära. Bild: Körber Digital
Methoden-Voodoo mit Bedacht
„Business Model Canvas“, „Minimal Viable Product“ oder „Design Thinking“ lassen sich im Traditionsunternehmen selten direkt anwenden. Das vorhandene Know-how der einzelnen Fachbereiche muss berücksichtigt und gewürdigt werden, denn die Methoden sind nur das Vehikel und können nicht gewachsenes Know-how und Technologie ersetzen. Das gilt gleichermaßen für komplexe Kenntnisse über die jeweilige Zielbranche und um die interne Unternehmerkultur.
Beschäftigt sich ein Unternehmen jedoch intensiv mit der Umsetzung neuer Methoden und vergisst nicht die Mitarbeiter mitzunehmen, können gut funktionierende Geschäftsmodelle entstehen, die den Erfolgsgeschichten der Start-ups in nichts nachstehen.
IIoT-Enabler OPC UA
Unser Geschäftsmodell steht. Jetzt geht es um die Etablierung von IIoT-Lösungen. Darum, eine technologische Basis zu schaffen, die eine umfassende Verbindung zwischen Maschinen, Anlagen und Geräten sowie der Cloud ermöglicht. Das Ganze muss in eine stabile, übersichtliche und schnelle Architektur eingebettet sein – das ist entscheidend, weil eine Vielzahl von zentralen „Playern“ beteiligt ist. Der Datenfluss, die verwendeten Transport-Protokolle, die Transformation der Daten sowie letztlich ihre Verarbeitung zu einer IIoT-Anwendung benötigt sehr klare Strukturen.
Häufig werden in der Praxis die Probleme unterschätzt, die sich aus einer großen Zahl von vernetzten Maschinen ergeben. Denn keine Anlage und Fabrikhalle ist wie die andere. Mal nutzen viele Maschinen ähnliche Prozesse und Schnittstellen und im nächsten Fall sind es Sondermaschinen ganz ohne Standardschnittstelle. Gerade in lange bestehenden Werken findet man Maschinen aller Entwicklungsstufen von der alten Drehmaschine ohne CNC-Steuerung bis hin zum Hightech-Drehfräs-Automaten. Letzterer unterstützt vielleicht schon native moderne Standards wie OPC UA (Open Plattform Communications Unified Architecture).
OPC UA vereinheitlicht die Schnittstelle zu den Maschinen über standardisierte Meta-Daten. Auf diese Weise ermöglicht es die Kommunikation zwischen den Produkten verschiedener Hersteller. Und das ist eine Grundvoraussetzung für die übergreifend gesteuerte Smart Factory.
Ältere Maschinen und Anlagen lassen sich entweder, soweit sie über eine Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) verfügen, mit etwas Software fit für OPC-UA machen – jedoch benötigt es einen Experten mit sehr viel Erfahrung. Das kann gerade bei einem umfassenden Maschinenpark eine langwierige und teure Lösung werden. Die einfache Lösung ist meist, die alte Maschine mit modernen Sensoren auszustatten. Eine Reihe von Herstellern bietet heute Industrie-4.0-Sensorlösungen an, die OPC UA nutzen, um Maschinendaten in die Cloud zu bringen.
Invest in Hardware und Big Data
Wer IIoT sagt, sollte auch Big Data sagen. Denn die übergreifende Vision lautet, ein komplettes Werk oder mehrere weltweit verteilte Produktionsstandorte zu einem Netzwerk zu verbinden. Dieses Netzwerk enthält auch interne Systeme, die große Datenmengen in Echtzeit interpretieren und analysieren können. Hoch performante Hard- und Software ist also ein Muss, um Lastspitzen abzudecken und eine schnelles Übertragen und Verarbeiten der Daten zu ermöglichen. Diese Hard- und Software ist ein wichtiges strategisches Investitionsfeld.
Die Wahl der Cloud-Plattform
Cloud-Lösungen sind die Zukunft! Denn Produktionsprozesse finden in einer zunehmend globalisierten Welt statt und sollen zur Effizienzsteigerung fein aufeinander abgestimmt sein. Vor diesem Hintergrund ist die Cloud eine ideale technische Lösung, da sie sich mit geringem Aufwand skalieren lässt. Standorte, Prozesse und Produktionssysteme ändern sich, die Cloud passt sich an. Die Nutzungsmodelle bieten zudem geringe Einstiegshürden.
Aber was ist mit der Sicherheit? Das fragen gerade deutsche Unternehmen, wenn eine Cloud in Erwägung gezogen wird. Ein mittelständisches Unternehmen muss ehrlich prüfen, wie hoch das Sicherheitsniveau ist, das das eigene Rechenzentrum gewährleisten kann. Es gibt Sicherheits-zertifizierte Anbieter mit lokalen Rechenzentren und alle großen Cloud-Anbieter verfügen über modernste Technologie, gerade in Sachen Sicherheit und Datenschutz.
Wer ist der richtige Cloudanbieter? Pauschal gibt es hier keine Antwort. Microsoft, SAP, Amazon Web Services oder Google bieten Lösungen an, neben laut Marktstudien mehr als 400 weiteren Plattformen. Es kommt auf das Projekt, seine Ziele und die daraus folgende technische Spezifikation an. Hier sollten Unternehmen im Zweifel auf unabhängiges Know-how zurückgreifen. Der beauftragte Experte sollte umfangreiche Erfahrung aus IIoT-Projekten mitbringen und entsprechend transparent beraten. jbi ‹
Autor: Dr. Stefan Kusterer ist Chief Technology Officer (CTO) und Co-Geschäftsführer von Körber Digital mit Sitz in Berlin und Karlsruhe (ehemals connyun GmbH).
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