30.01.2023 – Kategorie: GIS & Infrastruktur
Infrastrukturplanung: BIM in der Praxis
In Zusammenarbeit mit der Vermessungsabteilung des Bau- und Verkehrsdepartements Kanton Basel-Stadt wurden im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Strassen (ASTRA) Bestandsmodelle als Planungsgrundlage für den BIM-Piloten „Rheintunnel Basel“ entwickelt. Ziel des ASTRA-Großprojekts sind die Engpassbeseitigung der Osttangente Basel (A2) und die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Nationalstraßennetzes.
Infrastrukturplanung leicht gemacht: Für die Beseitigung des Engpasses der Osttangente Basel (A2) realisierte der Softwarehersteller AKG unterschiedliche Aufgaben im Rahmen eines Customizing-Auftrags. Erfolgreich eingesetzt wurden dabei das CAD-System Vestra Infravision im Zusammenspiel mit AutoCAD und Autodesk Civil 3D.
BIM in der Infrastrukturplanung
Federführend bei der Auswahl geeigneter Messmethoden, bei der Planung, Organisation und Durchführung interner und externer Vermessungsleistungen sowie Ansprechpartner bei allen vermessungstechnischen Themen war das Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt: Tiefbauamt, Dokumentation und Vermessung. AKG Software übernahm als Dienstleister die Aufgabe der Ableitung von Bruchkanten aus Punktwolken und die Erzeugung großflächiger DGM sowie die Erstellung von Volumenkörpern für Straße und Kanal zur Bereitstellung der Daten in einem kantonalen BIM-Projektraum.
Grundlagendaten der Infrastrukturplanung
Als Grundlage für die Auswertung standen Daten aus verschiedenen Quellen zur Verfügung: Airborne Laserscanning (ALS), Mobiles Laserscanning (MLS), Ergänzungsmessungen, Stereovideo-/Kamerasysteme sowie hochauflösende Orthophotos unter anderem aus Drohnenbefliegungen. Insgesamt galt es, im Zeitraum von sechs Monaten rund 50 km Bestand auszuwerten (Brückenober- und -untersichten, Tunnel, Autobahnen, Stadtstraßen, Parkanlagen, Tram- und Bahngleise). Als Auswertungssystem wurde unter Berücksichtigung der Datenweitergabe Vestra Infravision auf DWG-Basis festgelegt. Da im Kanton Basel-Stadt alle jemals erfassten Punktwolken in einer PostgreSQL-Datenbank vorliegen, entschied man sich mithilfe einer dafür bereitgestellten Anwendungsschnittstelle (API), die Punktwolkendatenbank projektspezifisch abzufragen. Die resultierende „handlichere“ und projektrelevante Punktwolkendatei wurde anschließend mit der Vestra Infravision-Punktwolke zur weiteren Verwendung in Vestra aufbereitet. Im Zuge der Projektplanung wurde ein für das Projekt passender Workflow entwickelt, mit dem man präzise, schnell und zuverlässig Bruchkanten aus den bereitgestellten Punktwolken ableiten kann.
Bruchkantenerfassung im Lageplan
Für eine achsunabhängige Erfassung von Bruchkanten ist die „4-View-Lupe“ in Vestra ein bewährtes Werkzeug. Es gibt hierbei unterschiedliche Möglichkeiten der Herangehensweise. Letztendlich ist das Prinzip aber immer dasselbe: Bruchkanten werden in erster Näherung digitalisiert, anschließend wird die exakte Lage- und Höhenbestimmung mittels 4-View-Lupe vorgenommen. Die Lupe wird über „Neu zeichnen“ oder „Linieneditor“ auf der Registerkarte „DGM“ aufgerufen und zeigt den im Lageplan rot markierten Linienpunkt in den maximal vier korrespondierenden Ansichten an. Jede Ansicht hat ihre eigenen Einstellungen bezüglich Darstellung von Originalpunkten, Korridor und Ausdehnung. Durch Klicken mit der Maus in der Ansicht wird der Punkt in Lage und Höhe verschoben. Mit Doppelklick wird die neue Koordinate an den aktuellen Linienstützpunkt übergeben.
Die Verwendung der 4-View-Lupe eignet sich besonders gut dort, wo es einen permanenten Wechsel der Bestandssituation gibt zum Beispiel im Innerortsbereich oder wo eindeutige Kanten wie Borde, Mauern usw. ersichtlich sind. Aus den Bruchkanten wurden für jeden Projektabschnitt möglichst großflächige, thematisch zusammenhängende DGM berechnet. Dieses Ziel stellte eine große Herausforderung in der Infrastrukturplanung dar, da im Basler Verkehrsnetz oft mehrere übereinanderliegende Ebenen für Fußgänger, Radfahrer, Straßenbahn und Autoverkehr vorzufinden sind.
Ein Blick in die zu Beginn erfasste Tunnelröhre verdeutlicht die Komplexität der erstellten Modelle. Die erzeugten DGM wurden zur Qualitätskontrolle und zur kantonsinternen Veröffentlichung an den GeoViewer-Kartendienst und nach Autodesk BIM 360 übergeben. Im GeoViewer werden alle bestehenden Grundlagendaten (Kataster, Bestandsvermessungen, Punktwolken, Befahrungsvideos, Rheinüberwachung, Gebäudetiefen, Orthophotos, Kanalbestand u. v. m.) zentral in einer Datenbank verwaltet.
Die 3D-Datenbankkomponente macht es zudem möglich, BIM-Modelle zu verwalten und anzuzeigen. Einem parallel durchgeführten Customizing-Projekt ist es zu verdanken, dass auch die bestehende Kanaldatendank (Oracle) in Vestra Infravision migriert werden konnte und daraus Volumenkörper für Schächte und Haltungen erzeugt wurden. Zur Darstellung von Bestand und Vorplanung wurden in Vestra Infravision schließlich auch die Planungsentwürfe nachkonstruiert und ebenfalls als Volumenkörper bereitgestellt. Sowohl im GeoViewer als auch in Autodesk BIM 360 wird der hohe Detaillierungsgrad des Projekts in beeindruckender Weise sichtbar.
Von Marco Schrempp.
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