24.06.2013 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Technik
Integriertes Elektro- und Fluid-Engineering
Nichts ist in Stein gemeißelt. Auch nicht das Funktionsprinzip von NC-Bearbeitungszentren. Wer sagt denn, dass das Werkstück still stehen muss und sich die Bearbeitungsspindeln samt den Werkzeugen zu bewegen haben? Hätte nicht die Umkehr dieses Verfahrens erhebliche Vorteile? Durch Entfall der Zeiten und Ausschluss von Fehlern beim Werkzeugwechsel lassen sich extrem kurze Span-zu-Span-Zeiten realisieren. Zudem sind zur Bearbeitung eines breiten Werkstückspektrums von einer Mehrspindelbearbeitung bis zur nächsten bei Mehrspindelkopfanordnung an bis zu vier Seiten kürzere Takte als in einer Transfermaschine möglich. Die patentierte räumliche Rahmenkonstruktion erlaubt bislang unerreichte Stabilität. Gleichzeitig bietet die Maschine genau diejenige Flexibilität, die für die Fertigung automobiler Teile benötigt wird. Durch die Modularisierung ist es möglich, modernen Produktionsphilosophien einschließlich Stufeninvest und parallelem An- und Auslauf von Produktfamilien gerecht zu werden.
Produktiver, präziser, profitabler
In ihrem hybriden Bearbeitungsmodul PS INVERS3 vereint die Krause & Mauser-Gruppe die Flexibilität eines Bearbeitungszentrums mit der Produktivität und Genauigkeit einer Sondermaschine. In dem hochproduktiven und zugleich modularen Fertigungskonzept wird das pinolengeführte Werkstück gegen die wechselbaren, an bis zu vier Seiten des Bearbeitungsraumes angeordneten Spindelköpfe bewegt und positioniert. Diese werden bei Bedarf komplett ausgetauscht, statt die Werkzeuge einzeln zu wechseln. So lässt sich mit der PS INVERS3 ein breites Werkstückspektrum bearbeiten, ohne Kompromisse bei der Präzision oder bei der Fertigungseffizienz einzugehen. Integriert werden können verschiedenste Technologien wie Fräsen, Bohren, aber auch Glätten oder Honen, sodass in vielen Fällen eine Komplettbearbeitung mit nur einer Aufspannung möglich wird.
Zugleich als Bett für die Verfahrachsen und als Aufnahme für die Mehrspindelköpfe dient eine extrem kompakt gebaute, in sich geschlossene Rahmenkonstruktion, deren statische und prozessbeeinflussende Komponenten optional durchgehend wassergekühlt werden können.
Fluid-Integration und Normenwechsel
Konstruiert wurde der elektrotechnische Teil der PS INVERS3 noch auf der EPLAN-Version 5.70. Damit wurden auch die Pläne für den hydropneumatischen Teil der Bearbeitungsmaschinen erstellt. „Das war allerdings eine sehr kompromissbehaftete Form der Dokumentation“, erinnert sich Ing. Manfred Haslinger, Projektleiter Elektrik Hardware bei Krauseco. „Unter Verwendung verschiedener Querverweis-Funktionen war das eher nur eine grafische Darstellung.“
Die Vorstellung von EPLAN Electric P8 und der EPLAN Plattform, über die auch andere Entwicklungswerkzeuge in denselben Arbeitsfluss und in eine einheitliche Dokumentation eingebunden werden können, war im Jahr 2008 Anlass für die Entwickler in den beiden Werken von Krause & Mauser, sich ernsthaft mit der Möglichkeit der Integration von Elektro- und Fluidplanung auseinander zu setzen. „Unterstützt wurden diese Bestrebungen durch einen erheblichen innerbetrieblichen Druck zur Umstellung auf die EN 81346“, berichtet Dipl.-Ing. Mihaly Sütöri, Leiter Projektierung Elektrik. Die Norm beschreibt Strukturierungsprinzipien und Referenzkennzeichnung für industrielle Systeme, Anlagen und Ausrüstungen sowie Industrieprodukte und ist die kundenseitig anerkannte Dokumentationsvorschrift.
Schrittweise Datenmigration
Dem Wechsel des Konstruktionssystems für die Elektro- und Fluidplanung war eine kurze, aber intensive Auswahl- und Evaluierungsphase vorangegangen. „Durch direkten Vergleich unterschiedlicher Softwareprodukte konnten wir uns davon überzeugen, dass EPLAN beim Umstieg auf ein datenbankbasiertes System ein großer Wurf gelungen ist“, sagt Manfred Haslinger. Seit Beginn des Jahres 2010 wird der elektrotechnische Teil der Anlagen auf 11 Arbeitsplätzen mit dem datenbankbasierten EPLAN Electric P8 entwickelt, die pneumatischen und hydraulischen Komponenten mit vier Lizenzen von EPLAN Fluid. „Den Arbeitsaufwand beim Umstieg für das Anreichern der Stammdaten nahmen wir gern in Kauf, um dafür die Vorteile von EPLAN Electric P8 und der Plattform bestmöglich auszunutzen.“
Trotz einem riesigen Bestand an Altdaten blieb dieser zusätzliche Aufwand im überschaubaren Rahmen und verursachte keinen Stress. Alle Artikeldaten waren zunächst unverändert vom vorhandenen System übernommen worden. Ihre Ergänzung um weitere Details erfolgte sukzessive bei der erstmaligen Verwendung in Neuanlagen, deren Dokumentation typischerweise aus rund 500 Seiten Elektroplan und 100 Seiten Fluidplänen sowie Schaltschrankplänen besteht. Diese schrittweise Datenmigration wurde häufig auch genutzt, um konstruktiv überholte Anlagenteile und Baugruppen durch modernere und wirtschaftlichere Lösungen zu ersetzen.
Vorteil Modularisierung
„Die Investition wertvoller Arbeitszeit in die Schaffung einer Datenbasis mit erhöhter Datenqualität hat sich rasch bezahlt gemacht“, ist Manfred Haslinger überzeugt. „Allein die Durchgängigkeit der Entwicklung und Dokumentation aller elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Gewerke macht sich durch den Wegfall notorischer Fehlerquellen an den Nahtstellen und somit durch einen reduzierten Inbetriebnahmeaufwand bemerkbar.“ Dazu kommt die Vereinheitlichung der Texte und Übersetzungen, die Beschleunigung der Dokumentationserstellung mit der Möglichkeit, wahlweise grafik- oder objektorientiert zu arbeiten sowie Erleichterungen in der Daten-Weiterverarbeitung etwa durch Export in Fremdprogramme. Schneller wird die Unterlagenerstellung auch durch geringeren Aufwand für Kontrolle und händische Nacharbeit. Beinahe unbegrenzte Möglichkeiten zur Projektierung, Dokumentation und Verwaltung der Projekte unterstützen interdisziplinäres Arbeiten. Dazu können Daten aus vorgelagerten Planungsphasen über Schnittstellen wie ODBC, XML und Excel einfach übernommen werden.
„Nach und nach stoßen wir immer noch auf Bereiche, in denen uns EPLAN Electric P8 und EPLAN Fluid erhöhte Effizienz und Produktivität bringt“. Damit deutet Mihaly Sütöri an, dass es sich bei dem Umstieg um einen fortdauernden Prozess handelt. „Bereits heute profitieren wir jedoch in einem nicht erwarteten Ausmaß von der wesentlich vereinfachten Konstruktion wiederverwendbarer Module für die Entwicklung von Varianten und Optionen, die EPLAN Electric P8 bietet.“
Schaltschrankbau angebunden
Krause & Mauser hat den Schaltschrankbau an einen führenden Hersteller in Deutschland ausgelagert. „Mit dem Umstieg auf die aktuellen EPLAN-Versionen ist es sehr einfach geworden, die Schnittstellen zur Produktion zu bedienen“, zeigt sich Mihaly Sütöri über Effizienzgewinne auch an dieser Stelle erfreut. „Das betrifft nicht nur die Daten für den Elektro-Schaltanlagenbau, sondern ebenso beispielsweise die Beschilderung für die hydraulischen und pneumatischen Gewerke.“ Künftig sollen die Daten aus Wien und Oberndorf direkt an die Drahtkonfektioniermaschine beim Schaltschrankbauer geliefert werden, was die Time-to-Market weiter reduzieren hilft. (anm)
info:Das Unternehmen
@KL: Als Ernst Krause 1905 in Wien mit dem Donauwerk ein Unternehmen zur Herstellung hochwertiger Präzisionswerkzeugmaschinen gründete, konnte er noch nicht ahnen, dass 107 Jahre später die PS INVERS3 das ursprünglich aus Drehbänken, Fräs- und Materialprüfmaschinen bestehende Produktionsprogramm krönen würden. Trotz Diversifizierung, etwa mit dreirädrigen Zustellfahrzeugen, blieb das Unternehmen stets dem innovativen Werkzeugmaschinenbau treu. Es brachte 1931 das erste Feinbohrwerk der Welt auf den Markt, spezialisierte sich 1955 auf maßgeschneiderte Lösungen bei der Feinbearbeitung von Motorteilen und stieg in die Komplettbearbeitung ein, kurz bevor das Unternehmen 1994 mit MAUSER zusammengeführt wurde. Gemeinsam konstruiert, fertigt und montiert die Krause & Mauser-Werkzeugmaschinen-Gruppe Werkzeugmaschinen für die spanabhebende Fertigung von Werkstücken des gesamten automobilen Antriebsstrangs. Ihr Kundenstamm umfasst die europäische Automobil- und Zulieferindustrie, deren internationale Mutter-, Schwester- und Tochtergesellschaften und viele andere Automobil- und Aggregate-Produzenten sowie Zulieferer in Übersee. Die Produktion ist auf den Mauser-Standort Oberndorf am Neckar konzentriert, die Entwicklung erfolgt standortübergreifend in Oberndorf und Wien.
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