21.04.2018 – Kategorie: Technik

Können Roboter IKEA-Stühle montieren?

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Wissenschaftler der Nanyang Technological University, Singapur (NTU Singapore) haben einen Roboter entwickelt, der selbständig und unterbrechungsfrei einen IKEA-Stuhl zusammenbaut. 

Wissenschaftler der Nanyang Technological University, Singapur (NTU Singapore) haben einen Roboter entwickelt, der selbständig und unterbrechungsfrei einen IKEA-Stuhl zusammenbaut. 

Der Roboter, der von Assistant Professor Pham Quang Cuong und seinem Team an der School of Mechanical and Aerospace Engineering der NTU entworfen wurde, umfasst eine 3D-Kamera und zwei robotische Armgreifer, die Objekte aufnehmen. Das Team entwickelte Algoritmen unter Einsatz dreier verschiedener Open-Source-Bibliotheken, so dass der Roboter den Stuhl Stefan montieren konnte, und zwar in 8 Minuten und 55 Sekunden. Die Planung der Bewegungspfade vor dem Zusammenbau nahm 11 Minuten und 21 Sekunden in Anspruch, die Lokalisierung der Bauteile 3 Sekunden. 

Die Ergebnisse wurden im Journal Science Robotics veröffentlicht. Professor Pham sagt: „Für einen Roboter ist das Zusammenfügen eines IKEA-Stuhls mit solcher Präzision komplexer, als es aussieht. Die Montage-Arbeit, die Menschen selbstverständlich erscheint, muss in verschiedene Schritte heruntergebrochen werden, zum Beispiel den, zu identifizieren, wo sich die Teile des Stuhls befinden oder welche Kraft es braucht, um die Teile zu greifen, und es gilt sicherzustellen, dass die Roboterarme arbeiten, ohne sich dabei zu behindern. 

„Wir versuchen, mehr künstliche Intelligenz in dieses Konzept zu integrieren. So kann der Roboter autonomer agieren und die verschiedenen Schritte für den Zusammenbau durch menschliche Anleitung oder durch Lesen des Handbuchs lernen — oder sogar aus einem Bild des zusammengebauten Produkts.“ 

Die Forscher um Prof. Pham, Dr. Francisco Suárez-Ruiz and Mr. Zhou Xian,  hoffen, dass sich der Roboter beim Ausführen besonderer, Präzision erfordernder Aufgaben in Branchen bewährt, wo verschiedene Aufgaben anfallen und in denen sich spezialisierte Maschinen oder Fertigungsstraßen nicht rechnen. 

Wie es funktioniert

Der Roboter ahmt die menschliche „Hardware“ nach, die es für den Zusammenbau von Objekten braucht: die Augen mit einer 3D-Kamera, die Arme mit robotischen in 6 Achsen beweglichen Armen. Jeder Arm verfügt über parallele Greifer zum Aufnehmen von Objekten. An dern Handgelenken finden sich Sensoren, welche die Griffkraft der Finger festlegen, und wie stark der Druck sein muss, um Objekte zusammenzufügen. 

Der Zusammenbau beginnt mit der Aufnahme von 3D-Fotos der auf dem Boden ausgelegten Teile. So entsteht eine Karte ihrer angenommenen Positionen. Das soll so gut wie möglich das Durcheinander nach dem Auspacken nachstellen und den Zusammenbau vorbereiten. Hier kommt es auf eine hinreichend genaue, schnelle und verlässliche Lokalisierung an. 

Im nächsten Schritt plant der Roboter eine zweihändige und dabei schnelle und kollisionsfreie Bewegung. Die Bewegungspfade müssen visuelle und taktile Wahrnehmung, das Zugreifen und die Ausführung koordinieren. Um zu gewährleisten, dass die robotischen Arme die Bauteile sauber greifen und Aufgaben wie das Einstecken hölzerner Bolzen bewältigen, müssen die jeweils ausgeübten Kräfte gesteuert werden. Das sei herausfordernd, denn industrielle Roboter, die auf präzises Positionieren ausgelegt sind, tun sich schwer mit der Steuerung der Kräfte, wie Prof. Pham erklärt. 

Die Kraftsensoren an den Handgelenken helfen, die erforderliche Kraft zu bestimmen, so dass der Roboter die Bohrungen entdeckt, indem er den Bolzen auf der Oberfläche gleiten lässt und dann an der richtigen Stelle einsetzt. 

Fingerfertige Manipulationen

Der an der NTU Singapur entwickelte Roboter soll die Entwicklung motorischer Geschicklichkeit bei der Ausführung von Aufgaben (Dexterous Manipulation) erforschen helfen, ein Einsatzbereich der Robotik, der eine präziser Steuerung der Kräfte und Bewegungen mit Fingern oder spezialisierten robotischen Händen verlangt. So werden die Roboter in ihren Handlungen menschenähnlicher. Das autonome, fingerfertige Arbeiten beschränkte sich bisher aus elementare Aufgaben. 

Als einen der Gründe vermutet Prof. Pham, dass komplexe manuelle Arbeiten in menschlichen Umgebungen viele unterschiedliche Fertigkeiten beanspruchen. Das schließt ein, die exakte Position der Teile zu ermitteln, einen kollisionsfreien Bewegungspfad zu planen und die Kräfte kontrolliert einzusetzen.

Die Wissenschaftler arbeiten nun mit Unternehmen zusammen, um die Lösung in verschiedenen Branchen einzusetzen, zum Beispiel für das Verkleben von Glas im Autobau oder das Anbringen von Bohrungen in Metallteilen in der Luftfahrtbranche. Die Kosten sollen keine Rolle spielen, denn die Lösung besteht aus handelsüblichen Komponenten.

Bild: Der Roboter plant eine zweihändige und dabei schnelle und kollisionsfreie Bewegung. Die Bewegungspfade müssen visuelle und taktile Wahrnehmung, das Zugreifen und die Ausführung koordinieren. Credit: NTU Singapore


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