15.05.2019 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Hardware & IT

MES macht Fertigung transparent bei Stihl

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Als sich der Gartengerätehersteller Stihl Tirol nach einem neuen MES-System umschaute, waren wichtige Anforderungen klar: maximale Flexibilität, Releasesicherheit und transparente Kosten. Welches System das Rennen gemacht hat und wie Stihl vom neuen MES profitiert. von Markus Maier

Als sich der Gartengerätehersteller Stihl Tirol nach einem neuen MES-System umschaute, waren wichtige Anforderungen klar: maximale Flexibilität, Releasesicherheit und transparente Kosten. Welches System das Rennen gemacht hat und wie Stihl vom neuen MES profitiert. von Markus Maier

Seit 1981 produziert die Stihl Tirol GmbH – ehemals unter dem Namen Viking – vor malerischer Bergkulisse Rasenmäher, Mähroboter, Aufsitzmäher, Garten-Häcksler & Co. An aktuell 23 Montagelinien entstehen die Produkte. Etwa 600 Mitarbeiter sind beteiligt. Erst kürzlich ist zudem der Standort um 20.000 Quadratmeter Nutzfläche erweitert worden.

Zur Absicherung des Unternehmenserfolges setzen die Verantwortlichen unter anderem auf Digitalisierung in der Fertigung. Zum Einsatz kommt dabei das MES Cronetwork von Industrie Informatik. Implementiert sind bis dato eine leistungsstarke Einzelteilrückverfolgung, transparente Visualisierung von Fertigungsfortschritten und Qualitätsdatenerfassung zur Sicherstellung der damit verbundenen selbstauferlegten Standards.

Auf der Suche nach dem MES

Der Ingenieur Harald Ganster ist als Abteilungsreferent für die Shopfloor IT bei Stihl Tirol unter anderem für alle fertigungsnahen Hard- und Softwaresysteme verantwortlich. Er beschreibt die damaligen Kernanforderungen seines Unternehmens an ein neues MES: „Ziel war es damals, unsere Fertigungsprozesse dahingehend zu optimieren, dass automatisch umfangreiche Informationen zu den produzierten Geräten erfasst werden. Zudem wollten wir mehr Transparenz für weitere Optimierungsmaßnahmen erreichen. Bei 23 Montagelinien und hoher Produktdiversifikation ist es zudem notwendig, dass ein MES flexibel an die Gegebenheiten in der Fertigung anpassbar ist. Wir setzten damals auf eine Lösung, die diesen und anderen Anforderungen nicht gerecht wurde und so machten wir uns auf die Suche.“

Mit klaren Forderungen nach maximaler Flexibilität, Releasesicherheit und transparenter Kostengestaltung wurde man schlussendlich beim oberösterreichischen MES-Anbieter Industrie Informatik fündig. Ganster zu dieser Entscheidung: „Industrie Informatik überzeugte allen voran mit uneingeschränkter Konnektivität innerhalb der Systemlandschaft – zertifizierte SAP-Standardschnittstelle und QlikView-Connector inklusive. Darüber hinaus waren wir von der umfassenden Parametrierbarkeit innerhalb des Standards von Cronetwork MES überzeugt. Diese hohe Flexibilität hat den Unterschied ausgemacht.“

Erster Schritt: Prozessdatenerfassung

2016 startete dann der Pilotbetrieb mit Cronetwork an den ersten zwei von 23 Montagelinien. Die vollständige Aufrüstung erfolgte anschließend Schritt für Schritt. Im Praxisbetrieb ergaben sich noch kleinere Optimierungsbedarfe, die bereits im Zuge der Ausrollung realisiert wurden. „An den Montagebändern assemblieren wir in Gruppenarbeit unsere Geräte aus mehreren Komponenten. Cronetwork MES unterstützt uns hier bei der Erfassung und Verarbeitung wichtiger Prozessdaten. Ein gutes Beispiel dafür sind Drehmomentwerte, mit denen ein Messer am Rasenmäher befestigt wird. Einerseits kontrollieren wir schon am Arbeitsplatz die korrekte Assemblierung und andererseits sind wir gegenüber unseren Kunden jederzeit auskunftsfähig, was wichtige Fertigungsparameter betrifft“, beschreibt Ganster den Mehrwert der Prozessdatenerfassung.

Weitere Einsatzmöglichkeiten daraus und der damit verbundenen Einzelteilrückverfolgung sind im Laufe der Zeit hinzugekommen. So werden heute beispielsweise bei Akkugeräten Seriennummern von Akku, Ladegerät und Maschine miteinander verheiratet. Das ermöglicht Stihl Tirol die volle Transparenz zu seinen Produkten aus den verschiedensten Blickwinkeln.

Maschinen- und Betriebsdatenerfassung

Fast schon selbstverständlich sind die klassischen Vorteile der Cronetwork-Maschinen- und Betriebsdatenerfassung. Die automatische Mengenzählung inklusive Rückmeldung an SAP gibt dem Vorarbeiter und den Mitarbeitern an der Montagelinie den nötigen Weitblick für verschiedenste Optimierungsmaßnahmen. Das „Zwischenlagerwesen“ innerhalb der Fertigung konnte dahingehend verbessert werden, dass die Bestände an den Linien heute möglichst niedrig gehalten werden können, das benötigte Material trotzdem jederzeit am richtigen Ort zur Verfügung steht.

Automatisierte Meldungen

Harald Ganster führt weiter aus: „Für uns war es auch wichtig, unsere Vorarbeiter weitgehend von der manuellen Terminalbedienung zu entbinden und Zeit und Raum für ihre Kernaufgaben zu schaffen. Wenn heute zum Beispiel eine Störung an einer Linie auftritt, erkennt die Anlage dies und geht automatisch auf Störung. Diese Meldung musste früher manuell vom Vorarbeiter vorgenommen werden. Heute kann er sich in dieser Zeit schon um die Störgrundbehebung kümmern.“

Ähnliches trifft auf die Bemeldung von Folgeaufträgen zu. Sobald der aktuelle Auftrag beliefert ist, wird der Folgeauftrag automatisch bemeldet, die Linie stellt auf Rüsten um und wechselt erst wieder den Status, wenn das erste Gerät des Folgeauftrags verpackt ist. Der Mitarbeiter kümmert sich in dieser Zeit voll und ganz um seine Kernaufgaben wie Rüsten und Fortführen der Montagearbeiten.

Transparenz für Mitarbeiter und Management

Die neu gewonnene Transparenz durch Maschinen-, Betriebsdaten- und Prozessdatenerfassung wollte man bei Stihl Tirol allerdings nicht nur dem Management bereitstellen, sondern auch die Mitarbeiter davon profitieren lassen. Als Informationsquelle dienen Bildschirme – sogenannte Andon-Boards – an jeder Montagelinie.

„Bestanden die Informationen früher aus einem Konglomerat aus sechs verschiedenen Quellen mit veralteten Daten, so können wir heute dank der Cronetwork-Portaltechnologie individuelle Dashboards generieren und Informationen gesammelt aus dem MES heraus nahezu in Echtzeit bereitstellen“, erläutert Ganster.

Dank der Informationen zum Auftragsfortschritt, Folgeauftrag, stündlicher Ausbringung, Soll- und Ist-Mengen können sich die Stihl-Mitarbeiter besser auf Rüstarbeiten und Materialbeschaffung vorbereiten, was unter anderem kürzere Rüstzeiten zur Folge hat. Zudem haben die Montagemitarbeiter auch ihre aktuelle Leistungskennzahl je Montagelinie im Auge. Diese ist einer der Einflussfaktoren für die Bonifikationsberechnung, die zu 100 Prozent mit Daten aus dem MES erfolgt. Folglich schauen die Mitarbeiter auch auf eine gute Ausbringung und Qualität.

Das Management hat das Potenzial von Cronetwork MES ohnehin längst verinnerlicht und nutzt es vor allem für Auswertungen und regelmäßige Reports über verschiedenste Zeithorizonte.

Qualitätsdatenerfassung

Hinter der Marke Stihl verbergen sich seit jeher hochwertige Forst- und Gartengeräte – der Anspruch der Nutzer ist dementsprechend hoch. Eine umfangreiche Erfassung von Qualitätsdaten war also eine weitere Anforderung an das neue MES.

„Der Abdeckungsgrad unserer Anforderungen durch den Cronetwork-Standard war schon sehr hoch. Im Bereich der Qualitätsdatenerfassung musste allerdings noch Arbeit in dessen Weiterentwicklung gesteckt werden. Wir selbst haben auch schon von Entwicklungen anderer Industrie-Informatik-Anwender profitiert, da diese in den Standard eingeflossen sind. Dieses Geben-und-Nehmen-Prinzip der User-Community hat uns absolut überzeugt“, beschreibt Harald Ganster die Entscheidung, hier in die Entwicklung zu investieren.

Die Anlage und Abarbeitung der Prüfvorgaben ist heute zu 100 Prozent im MES integriert. Je Auftrag und Schicht wird per Zufall ein Gerät entnommen und im Stihl internen ‚Produkt-Audit‘ geprüft. Funktionale, optische, sicherheitstechnische und weitere Faktoren werden dabei berücksichtigt und ergeben eine konzernweit einheitliche Qualitätskennzahl. jbi

Autor: Markus Maier ist Marketing-Manager bei Industrie Informatik.


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