25.02.2016 – Kategorie: Fertigung & Prototyping

Metallbearbeitung: Revolution lässt auf sich warten

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Eine großflächige Verdrängung bestehender Bearbeitungsverfahren oder die vielzitierte Revolution in der industriellen Großserienproduktion bleibe erst einmal aus, so Myron Graw, Partner bei der KEX Knowledge Exchange AG in Aachen anlässlich der METAV-Eröffnungspressekonferenz in Düsseldorf.

„Additive Manufacturing (AM) ergänzt die Fertigungsverfahren in der Metallbearbeitung. Eine großflächige Verdrängung bestehender Bearbeitungsverfahren oder die vielzitierte  Revolution  in der industriellen Großserienproduktion bleibt erst einmal aus“, sagt Myron Graw, Partner bei der KEX Knowledge Exchange AG in Aachen anlässlich der METAV-Eröffnungspressekonferenz in Düsseldorf. Er ist verantwortlich für das Geschäftsfeld AM und damit für die Untersuchung „Additive Manufacturing – Potenziale und Risiken aus dem Blickwinkel der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie“, die der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) in Auftrag gegeben hat.

„Generative Verfahren oder Additive Manufacturing sind mit hohen Erwartungen verbunden“, weiß Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer beim METAV-Veranstalter VDW. „Insbesondere die Vision komplett neuer Wertschöpfungsketten bis hin zur individuellen Produktion von Teilen oder Ersatzteilen vor Ort stoßen auf großes Interesse“, erläutert er. Grund genug für den VDW, wissenschaftlich untersuchen zu lassen, was aus Sicht der Werkzeugmaschinenindustrie tatsächlich dahinter steckt.

Die KEX AG hat unter Beteiligung der Fraunhofer-Institute für Produktionstechnologie (IPT) und Lasertechnik (ILT) die Untersuchung mit Schwerpunkt auf der metallischen Fertigung in fünf Stufen durchgeführt:

  • Marktanalyse für die Entwicklung  additiver Verfahren  
  • Metaanalyse bereits bestehender Studien und Bestandsaufnahme der Situation bei Patentanmeldungen und in der Forschung anhand wissenschaftlicher Veröffentlichungen.
  • Bestandsaufnahme der verfügbaren additiven Verfahren für den Metallbereich
  • Case Studies, die anhand ausgewählter Bauteile die Anforderungen und Möglichkeiten der additiven Fertigung untersuchen 
  • Prognose zur Entwicklung der Technologien in den kommenden fünf bis sieben Jahren

Das wichtigste Ergebnis: Ausgehend von 40 Prozent Zuwachs pro Jahr für die additiven Verfahren wird weniger als ein Prozent der bestehenden Technologien durch additive Verfahren ersetzt. „Insgesamt lassen sich also nur leichte Verschiebungen im künftigen Produktionsmix der Werkzeugmaschinenindustrie ableiten“, resümiert Graw. Das dürfte demnach kaum zu einer radikalen Veränderung der Branche führen.

Hemmnisse sind Kosten und Bearbeitungszeit

Hemmnisse für eine größere Marktdurchdringung bestehen in den Kosten und der Bearbeitungszeit. In der Kleinserienfertigung sowie der Fertigung von komplexen  individualisierten und kleinen  Bauteilen können Kostenvorteile additiver Verfahren in der werkzeuglosen Fertigung liegen. Ein besonderer Nutzen entsteht außerdem, wenn erhebliche „added values“ durch die additive Fertigung generiert werden können, wie  beispielsweise Leichtbaustrukturen in der Flugzeugindustrie, interne Kühlkanäle und Hinterschnitte. Damit können ggf. auch in der Mittel- und Großserienfertigung Kostennachteile aufgehoben werden.

Bei der Fertigung großer Bauteile haben additive Verfahren oft Kostennachteile. Sie resultieren unter anderem aus den vergleichsweise geringen Aufbauraten. Daneben fallen die teuren Anlagen und die hohen Materialpreise für Metallpulver ins Gewicht. „Diese Kostentreiber werden sich in den kommenden Jahren durch technologische Entwicklungen und den Aufbau von Kapazitäten verändern“, räumt Graw ein. Dies werde die Verbreitung von AM beschleunigen. 

Potenzial für Hybridmaschinen 

Spannend bleibt die Entwicklung von hybriden Anlagen. Sie integrieren Funktionalität für additive Fertigung, zum Beispiel Laserauftragsschweißen, in konventionelle Maschinenkonzepte, beispielsweise Bearbeitungszentren. Hierdurch ergibt sich das Potenzial, während des Aufbauprozesses immer wieder gezielte Bearbeitungsaufgaben durchzuführen. „Um die Möglichkeiten effizient nutzen zu können, müssen die Teile jedoch völlig umkonstruiert werden. Dies gilt auch für die rein additiven Verfahren“, erläutert der KEX-Forscher. Außerdem müssten neue Ansätze in der Fertigungsplanung etabliert werden.

Daraus ergibt sich eine weitere offene Frage: die Integrationsfähigkeit von AM-Anlagen in das klassische Produktionsumfeld. Viele Arbeitsabläufe erfolgen heute noch manuell. Für die effiziente Nutzung von AM sind Fragen zur automatisierten Pulverzufuhr, zum Pulverhandling, der Pulverentfernung, Staubbelastung der Umgebung beim „Auspacken“ der Teile, automatisierte Prozessketten für die Entfernung von Stützstrukturen und mehr zu beantworten.

Weitere Defizite der additiven Fertigung sind die immer noch eingeschränkte Werkstoffauswahl, die für additive Anlagen qualifiziert sind. Außerdem muss die Qualität additiv hergestellter Bauteile zerstörungsfrei geprüft werden. Da es sich bei den Teilen immer mehr oder weniger um Einzelstücke handelt, muss ihre fehlerfreie Reproduzierbarkeit erst noch nachgewiesen werden.

„Wir stellen fest, dass sich Additive Manufacturing im Metallbereich als weitere Fertigungstechnologie in die bestehende Wertschöpfungskette der Metallbearbeitung integriert“, resümiert VDW-Geschäftsführer Schäfer. AM werde somit ein weiterer Baustein neben CAD, Simulation, Nachbearbeitung, Fertigungsmesstechnik und Qualitätssicherung. Besonders wichtig wird sie auch für die Werkzeugmaschinenindustrie selbst, wenn Bauteile durch additive Verfahren mit Mehrwert ausgestattet werden können, sich zum Beispiel die Lebensdauer verlängert.

Additive Manufacturing auf der METAV 2016

Genau dies will die METAV 2016 mit ihrem Area-Konzept zeigen. Die Additive Manufacturing Area in Halle 15 präsentiert die gesamte Bandbreite generativer Verfahren, Materialien und Dienstleistungsangebote rund um den 3D-Druck. Nahezu alle namhaften Hybridanbieter sind vertreten: Fives, Hybrid Manufacturing Technology, Matzak, Matsuura, Sauer und WFL. Additive Manufacturing verzahnt sich als Produktionsverfahren mit den anderen Schwerpunkten in der Wertschöpfungskette

Die additiven Verfahren haben ihren Platz im Wettbewerb mit konventionellen Verfahren besetzt. Namhafte Hersteller der Branche, z.B. Altair Engineering, Citim, Concept Laser, EOS, Höganäs, Keyence, Renishaw, SLM, Trumpf, um nur einige zu nennen, nutzen die METAV, um Flagge im Wettbewerbsumfeld zu zeigen.

Zwei weitere Angebote reichern die Präsentation von Additive Manufacturing auf der METAV zusätzlich an. Am 24. und 25. Februar 2016 lädt der amerikanische Kongressveranstalter Rising Media zum B2B-Kongress „Inside 3D Printing“ ein. In Vorträgen und Workshops diskutieren rd. 50 Referenten aus Forschung und Industrie mit den Teilnehmern Themen aus der gesamten Wertschöpfungskette, von der Forschung bis zum Endanwender. Ein weiterer Höhepunkt ist die Verleihung des International Additive Manufacturing Award (IAMA) im Rahmen des Kongresses am 24. Februar 2016. Er zeichnet jährlich abwechselnd in den USA und Deutschland Innovatoren aus der AM-Fachwelt aus und ist mit 100’000 US-Dollar dotiert.

METAV 2016 in Düsseldorf

Die METAV 2016 – 19. Internationale Messe für Technologien der Metallbearbeitung findet vom 23. bis 27. Februar in Düsseldorf statt. Sie zeigt das komplette Spektrum der Fertigungstechnik. Schwerpunkte sind Werkzeugmaschinen, Fertigungssysteme, Präzisionswerkzeuge, automatisierter Materialfluss, Computertechnologie, Industrieelektronik und Zubehör. Hinzu kommen die neuen Themen Moulding, Medical, Additive Manufacturing und Quality. Sie sind in so genannten Areas mit eigener Nomenklatur fest im METAV-Ausstellungsprogramm verankert. Zur Besucherzielgruppe der METAV gehören alle Industriezweige, die Metall bearbeiten, insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau, die Automobil- und Zulieferindustrie, Luft- und Raumfahrt, Elektroindustrie, Energie- und Medizintechnik, der Werkzeug- und Formenbau sowie Metallbearbeitung und Handwerk.

Bild: Die METAV 2016 – 19. Internationale Fachmesse für Technologien in der Metallbearbeitung – ist unter dem Motto „Power your business“ gestartet. Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer beim Veranstalter VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) freut sich: „Die METAV punktet wieder mit ihrem riesigen Angebot an Großmaschinen. Außerdem sind die beiden Themen Additive Manufacturing und Quality der Renner.“ Und weiter: „Unser ehrgeiziges Ziel mit dem Neukonzept der METAV ist aufgegangen: 640 Aussteller aus 23 Nationen präsentieren auf rund 27 000 Quadratmetern Nettoausstellungsfläche das Neueste und Innovativste, was die metallbearbeitende Industrie zu bieten hat“, erklärt Schäfer anlässlich der Eröffnungspressekonferenz in Düsseldorf. Foto: Messe Düsseldorf, Constanze Tillmann.


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