07.09.2021 – Kategorie: Fertigung & Prototyping
Mikro-3D-Druck: So wird ganz klein in großer Stückzahl möglich
Mit dem neuen Verfahren Projektions-Mikro-Stereolithografie (PµSL) betritt Boston Micro Fabrication (BMF) den deutschen Markt. In additiven Fertigungsverfahren mit Polymeren und Verbundwerkstoffen produzieren die microArch 3D-Drucker hochpräzise Bauteile bei 2μm Druckauflösung mit +/- 10µm Maßstabsgenauigkeit. Damit eröffnen sie eine schnelle und kostengünstige Alternative zu hochauflösendem Spritzguss ebenso wie zur CNC-Bearbeitung.
Mikro-3D-Druck: Je kleiner das Bauteil, desto präziser muss der Produktionsprozess sein. Hohe Genauigkeit und Auflösung sind für Teile wie Steckverbinder in Mobiltelefonen und Tablets, kardiovaskuläre Stents, mikrofluidische Komponenten für medizinische Pumpen, MEMS sowie industrielle Sensoren und Komponenten der Edge-Technologie gleichermaßen erforderlich. Doch bisher erreichen Systeme zur additiven Fertigung kaum die für Teile in Mikrogröße erforderliche Auflösung.
Innovation im Mikro-3D-Druck
Bei SLA beträgt die XY-Auflösung bis etwa 50µm, bei TPP-DLW liegt sie unter 50µm, und FDM bietet Auflösungen bis etwa 200µm. Um bessere Ergebnisse bei Genauigkeit, Auflösung und Präzision im 3D-Druck zu erhalten, hat Boston Micro Fabrication die vorhandenen Verfahren von Grund auf überdacht und neugestaltet.
Projektions-Mikro-Stereolithografie
Das von Boston Micro Fabrication (BMF) entwickelte und angewandte Verfahren der Projektions-Mikro-Stereolithografie (PµSL) ermöglicht den 3D-Druck von Bauteilen in einer Auflösung von 2µ und einer Maßstabstreue von +_10 Mikrometer (siehe Zeichnung 1). 3D-Drucker nach dem PµSL-Verfahren verbinden die Vorteile des Digital Light Processing (DLP) und der Stereolithografie und heben sich dadurch von anderen Technologien ab.
Bei PµSL löst ein Blitz von ultraviolettem Licht bei einer Auflösung im Mikrobereich die schnelle Photo-polymerisation einer ganzen Schicht von Kunstharz bei ultra-hoher Genauigkeit, Präzision und Auflösung aus, die man mit anderen Technologien nicht erreichen kann. Um höhere Verarbeitungsgeschwindigkeiten erreichen zu können, verwendet die PµSL-Technologie kontinuierliche Belichtungen.
Bild: BMF Precision Inc.
Aufbau im Harzbecken
Die Standard-SLA-Technologie baut die Teile von unten nach oben auf. Das Bauteil wird schon an der Basis mit Stützstrukturen gehalten, auch überhängende Strukturen müssen abgesichert werden. Derzeit erreichen SLA-Systeme typischerweise eine XY-Auflösung von 50 µm, eine minimale Feature-Größe von 150 µm und eine Gesamttoleranz von ±100 µm. Ähnlich verwendet auch DLP eine Bottom-up-Aufbaustruktur und stellt die gleichen Anforderungen bei Stützstrukturen. DLP-Systeme bieten eine XY-Auflösung von 25-50 µ, eine minimale Feature-Größe von 50-100 µ und eine Gesamttoleranz von ±75 µ.
Der PµSL-Prozess verläuft dagegen von oben nach unten und erfordert so weniger Stützstrukturen. Dadurch treten weniger Schäden an kleinen Features auf und die entstehenden Blasen lassen sich mit einer transparenten Membran entfernen. Insgesamt erreichen PSL-Systeme eine XY-Auflösung von bis zu 2 µm, eine minimale Feature-Größe von 10 µm und Toleranzen bis zu +-10 µm. Dafür müssen alle Systemkomponenten richtig eigesetzt werden. Die Auflösung der Optik, die Präzision der mechanischen Komponenten, die Belichtungssteuerung und die daraus resultierende Aushärtung sind dabei ebenso wichtig, wie die Interaktion zwischen Bauteil und Stützstrukturen, die Gesamtgröße des Teils und die Fähigkeit, die Toleranzen über den gesamten Aufbau hinweg zu steuern.
Bild: BMF Precision Inc.
Materialverfügbarkeit
Bei der auftretenden Vielfalt von Mikroteilen rücken die verfügbaren Materiale und ihre Eigenschaften in den Fokus. Die kleinste Abweichung aufgrund Korrosion, Hitzeschäden oder durch ätzende Substanzen kann hohe Risiken mit sich bringen. Die Arbeit mit empfindlichen biologischen Elementen und Chemikalien für Geräte wie Arzneimittelpumpen erfordert die Auswahl eines Materials, das nicht mit den zu verabreichenden Chemikalien interagiert. Industrielle Steckverbinder müssen vor Umwelteinflüssen wie extremen Temperaturen oder Reinigungschemikalien geschützt werden.
Zu den UV-härtbaren Materialen gehören Kunststoffharze, die steif, zäh, hoch temperaturbeständig, biokompatibel, flexibel oder auch transparent sind. Zusätzlich zu zahlreichen technischen und biomedizinischen Kunststoffen unterstützt die PµSL-Technologie eine Verwendung von Hydrogelen und Verbundharzen, die Keramik- oder Metallpartikel enthalten. BMF bietet außerdem eine offene Materialplattform und arbeitet mit Drittanbietern und OEMs daran, die Materialpalette für spezifische Anwendungen zu erweitern.
Anwendungsbeispiele für den Mikro-3D-Druck
Insgesamt ermöglicht die Kombination aus ultrahoher Auflösung, Genauigkeit und Präzision die Herstellung komplizierter und genauer Teile für eine Vielzahl von Branchen. Medizinische Geräte, von Stents bis hin zu Prothesen, können prototypisch hergestellt werden, um den Komfort und die Versorgung der Patienten zu optimieren. Bei Bedarf werden sie in kleinen Mengen produziert. Weitere hergestellte Produkte sind unter anderem eine spiralförmige Spritzennadel für die minimalinvasive Chirurgie, ein Ventil für einen Gensequenzer und Lab-on-a-Chip (LOC)-Geräte, die mehrere Laborfunktionen integrieren und kleinste Flüssigkeitsmengen filtern können. Mit dem Einsatz von biokompatiblen Materialen werden die Möglichkeiten für medizinische Komponenten noch breiter.
MEMS-Anwendungen umfassen viele spezialisierte Komponenten. Mikroschalter, Steckverbinder und Sicherheitskomponenten werden von Mobiltelefonen bis hin zu SmallSat-Satelliten eingesetzt. Andere Teile, die produziert werden, sind Getriebe und Motoren, Ventile und Aktuatoren sowie eine Vielfalt von Sensoren. MEMS-Bauteile werden in Beschleunigungssensoren für die Airbag-Auslösung und elektronische Stabilitätskontrolle verwendet. Auf dem Optikmarkt werden Mikrokomponenten in optischen Sensoren, Optokopplern und Glasfaserleitern eingesetzt.
Bild: BMF Precision Inc.
Die PµSL-Technologie erweitert die Möglichkeiten der Mikrokomponenten und wird in der Forschung und Entwicklung an Universitäten eingesetzt, um das Produktdesign, die Arzneimittelforschung und die Mikrofiltration zu optimieren. Die Technologie kann anisotrope Strukturen erzeugen, bei denen ein 3D-gedrucktes Modell in verschiedenen Richtungen unterschiedliche mechanische Eigenschaften aufweist. So kann eine Struktur zur Energieabsorption und Dämpfung in einer Richtung komprimierbar sein, während sie in einer anderen Richtung Steifigkeit für die Lastaufnahme bietet.
Mit den Fortschritten im 3D-Druck und steigender Nachfrage nach immer kleineren Produkten wird die Bedeutung der additiven Fertigung für komplexe Teile zunehmen. Die Produktionsbarrieren in den Anforderungen und der Wirtschaftlichkeit werden für den 3D-Druck, auch Mikro-3D-Druck, sinken. Damit zeigt sich der Nutzen dieser Technologien schon bald vor allem bei kleinsten Bauteilen, die schwierig herzustellen sind.
Vertriebspartner in Deutschland
Musterteile, Anwendungsberatung und technischen Support in Deutschland erhalten Interessenten zukünftig von der Dreigeist GbR in Nürnberg. Der Anwendungsentwickler, Technologiedienstleister und unabhängige Distributor von industriellen 3D-Druckern, ebenso wie Material, Software und Peripheriegeräten wird die Geräte für den Mikro-3D-Druck der microArch-Produktlinie von BMF in Deutschland vertreiben und mit Dienstleistungen ergänzen.
Von Dr. Thomas Tosse.
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