05.04.2022 – Kategorie: Konstruktion & Engineering

Roboter als Pizzabäcker: Damit es nicht schon am Teig scheitert

Roboter können Teig besser formenQuelle: courtesy of the researchers

Eine neue Technik könnte es einem Roboter ermöglichen, formbare Objekte wie Teig oder weiche Materialien wie Kleidung zu manipulieren.

Stellen Sie sich einen Pizzabäcker vor, der mit einer Teigkugel arbeitet. Mit einem Spachtel hebt er den Teig auf ein Schneidebrett und rollt ihn dann mit einem Nudelholz zu einem Kreis aus. Einfach, oder? Nicht jedoch, wenn dieser Pizzabäcker ein Roboter ist.

Für einen Roboter ist es eben nicht einfach, mit einem verformbaren Objekt wie Teig zu arbeiten. Denn die Form des Teigs kann sich auf vielfältige Weise verändern, und eine Gleichung kann das schwerlich wiedergeben. Außerdem erfordert die Herstellung einer neuen Form aus diesem Teig mehrere Schritte und den Einsatz verschiedener Werkzeuge. Für einen Roboter ist es besonders schwierig, eine Manipulationsaufgabe mit einer langen Abfolge von Schritten zu erlernen. Denn dabei gibt es viele Optionen, und das Lernen erfolgt oft durch Versuch und Irrtum.

Zweistufiger Lernprozess ermöglicht es dem Roboter, den Teig zu bearbeiten

Forschende des MIT, der Carnegie Mellon University und der University of California in San Diego haben nun einen besseren Weg gefunden. Sie schufen einen Rahmen für ein Roboter-Manipulationssystem. Es verwendet einen zweistufigen Lernprozess, der es einem Roboter ermöglichen könnte, komplexe Aufgaben zur Teigmanipulation über einen langen Zeitraum auszuführen. Ein „Lehrer“-Algorithmus löst jeden Schritt, den der Roboter ausführen muss, um die Aufgabe zu erfüllen. Dann trainiert er ein maschinelles Lernmodell, das abstrakte Ideen darüber erlernt, wann und wie die einzelnen Fähigkeiten, die er während der Aufgabe benötigt, wie zum Beispiel die Verwendung eines Nudelholzes, auszuführen sind. Mit diesem Wissen kann das System entscheiden, wie es die Fähigkeiten ausführt, um die gesamte Aufgabe zu erledigen.

Forschende haben ein Manipulationssystem für Roboter entwickelt. Es bearbeitet Teig mit Werkzeugen in Simulationen: Teig sammeln und auf ein Schneidebrett legen (links), ein Stück Teig halbieren und die Hälften trennen (Mitte) und Teig auf ein Schneidebrett heben und dann mit einem Nudelholz flachdrücken (rechts). Ihre Technik ist in der Lage, diese Aufgaben erfolgreich auszuführen, während andere Methoden des maschinellen Lernens versagen. Bildquelle: Courtesy of the researchers

Roboter erledigt mit DiffSkill komplexe Manipulationen am Teig

Die Forscher zeigen, dass ihre Methode namens DiffSkill komplexe Manipulationsaufgaben in Simulationen ausführen kann, wie zum Beispiel das Schneiden und Verteilen von Teig oder das Aufsammeln von Teigstücken um ein Schneidebrett herum. Sie übertrifft dabei andere Methoden des maschinellen Lernens.

Neben dem Pizzabacken ließe sich diese Methode auch in anderen Bereichen einsetzen, in denen ein Roboter verformbare Objekte manipulieren muss. Ein Pflegeroboter könnte somit ältere oder motorisch eingeschränkte Personen füttern, baden oder anziehen.

„Diese Methode ist näher an der Art und Weise, wie wir als Menschen unsere Handlungen planen. Wenn ein Mensch eine Aufgabe mit langem Zeithorizont ausführt, schreiben wir nicht alle Details auf. Wir haben einen übergeordneten Planer, der uns grob die Etappen und einige der Zwischenziele vorgibt, die wir auf dem Weg dorthin erreichen müssen, und dann führen wir sie aus“, sagt Yunzhu Li, Doktorandin im Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) und Autorin eines Papiers, in dem DiffSkill vorgestellt wird.

Zu den Co-Autoren von Li gehören der Hauptautor Xingyu Lin, Doktorand an der Carnegie Mellon University (CMU); Zhiao Huang, Doktorand an der University of California in San Diego; Joshua B. Tenenbaum, der Paul E. Newton Career Development Professor of Cognitive Science and Computation in der Abteilung für Gehirn- und Kognitionswissenschaften am MIT und Mitglied des CSAIL; David Held, Assistenzprofessor an der CMU; und der Hauptautor Chuang Gan, Forscher am MIT-IBM Watson AI Lab. Die Forschungsergebnisse werden auf der International Conference on Learning Representations vorgestellt.

Schüler und Lehrer

Der „Lehrer“ im Rahmen von DiffSkill ist ein Algorithmus zur Trajektorien-Optimierung. Dieser kann Aufgaben mit kurzem Zeithorizont lösen, bei denen der Ausgangszustand und der Zielort eines Objekts nahe beieinander liegen. Der Trajektorien-Optimierer arbeitet in einem Simulator, der die Physik der realen Welt modelliert (bekannt als differenzierbarer Physiksimulator, was das „Diff“ in „DiffSkill“ ausmacht). Der „Lehrer“-Algorithmus verwendet die Informationen des Simulators. Somit lernt er, wie sich der Teig in jeder Phase bewegen muss, und gibt diese Bahnen dann aus.

Dann lernt das neuronale Netz des Schülers, die Aktionen des Lehrers zu imitieren. Als Eingaben verwendet es zwei Kamerabilder. Eines zeigt den Teig in seinem aktuellen Zustand, ein anderes,den Teig am Ende der Aufgabe. Das neuronale Netz erstellt einen übergeordneten Plan um zu bestimmen, wie die verschiedenen Fähigkeiten miteinander zu verknüpfen sind, um das Ziel zu erreichen. Anschließend generiert es für jede Fähigkeit spezifische Trajektorien mit kurzem Zeithorizont und sendet die Befehle direkt an die Werkzeuge.

Drei simulierte Aufgaben für Roboter zur Handhabung von Teig

Die Forschenden nutzten diese Technik, um mit drei verschiedenen simulierten Aufgaben zur Handhabung von Teig zu experimentieren. Bei einer Aufgabe verwendet der Roboter einen Spachtel, um den Teig auf ein Schneidebrett zu heben, und dann ein Nudelholz, um ihn zu glätten. In einer anderen Aufgabe sammelt der Roboter mit einem Greifer Teig von der ganzen Theke, legt ihn auf einen Spatel und legt ihn auf ein Schneidebrett. Bei der dritten Aufgabe schneidet der Roboter einen Teigstapel mit einem Messer in zwei Hälften und transportiert dann jedes Stück mit einem Greifer an einen anderen Ort.

Eine Klasse für sich

DiffSkill konnte gängige Techniken übertreffen, die sich auf Verstärkungslernen stützen, bei dem ein Roboter eine Aufgabe durch Versuch und Irrtum bewältigt. Tatsächlich war DiffSkill die einzige Methode, die alle drei Teigmanipulationsaufgaben erfolgreich abschließen konnte. Interessanterweise stellten die Forschenden fest, dass das neuronale Netzwerk des „Schülers“ sogar in der Lage war, den „Lehrer“-Algorithmus zu übertreffen, so Lin.

„Unser System bietet eine neuartige Möglichkeit für Roboter, neue Fähigkeiten zu erwerben. Diese Fähigkeiten lassen sich dann verketten, um komplexere Aufgaben zu lösen, die über die Fähigkeiten bisheriger Robotersysteme hinausgehen“, führt Lin weiter aus.

Da sich ihre Methode auf die Steuerung von Werkzeugen (Pfannenwender, Messer, Nudelholz usw.) konzentriert, könnte sie auf andere Roboter angewendet werden, allerdings nur, wenn diese die von den Forschern definierten spezifischen Werkzeuge verwenden. Für die Zukunft planen sie, die Form eines Werkzeugs in die Überlegungen des „Studenten“-Netzwerks einzubeziehen. Damit lässt es sich auch auf andere Geräte anwenden.

Vielseitigere Aufgaben geplant

Die Forscher wollen die Leistung von DiffSkill verbessern, indem sie 3D-Daten als Eingaben verwenden, anstatt Bilder, die man nur schwer von der Simulation in die reale Welt übertragen kann. Außerdem wollen sie den Planungsprozess des neuronalen Netzes effizienter gestalten und mehr unterschiedliche Trainingsdaten sammeln. Somit soll sich die Fähigkeit von DiffSkill zur Verallgemeinerung auf neue Situationen verbessern. Langfristig hoffen sie, DiffSkill auf vielfältigere Aufgaben anwenden zu können, einschließlich der Manipulation von Stoffen.

Diese Arbeit wird zum Teil von der National Science Foundation, LG Electronics, dem MIT-IBM Watson AI Lab, dem Office of Naval Research und dem Defense Advanced Research Projects Agency Machine Common Sense Programm unterstützt.

Bild oben: Forschende vom MIT und anderen Instituten haben einen Rahmen geschaffen, der es einem Roboter ermöglichen könnte, komplexe Manipulationsaufgaben mit verformbaren Objekten wie Teig effektiv zu erledigen. Credits: Bilder mit freundlicher Genehmigung der Forschenden

Weitere Informationen: https://openreview.net/pdf?id=Kef8cKdHWpP

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