26.01.2023 – Kategorie: Maschinenbau
Rückwandsystem: Mehr Individualität durch Faltenbälge
Für ein großes Bearbeitungszentrum konzipierte HEMA kürzlich ein individuelles Rückwandsystem, das eine bestehende Teleskopstahlabdeckung in der bestehenden Maschinenkonstruktion ohne weitere Umbauten ersetzen sollte. Grundlage für die verbesserte Rückwand waren die bewährten Faltenbälge der Samurai-Baureihe, die mit Edelstahllamellen zum Schutz der Bälge gegen Späne und Kühlschmiermittel ausgestattet sind.
Die HEMA Maschinen- und Apparateschutz GmbH fertigt Werkzeugmaschinenrückwände in den verschiedensten Größen, Formen und Ausfertigungen passgenau für die unterschiedlichsten Anwendungen und Werkzeugmaschinentypen. Ein Rückwandsystem konstruierte und baute HEMA für einen namhaften Hersteller von Dreh-Fräszentren. Ein Bearbeitungszentrum für große Werkstücke, das Teile aus Stahl und Aluminium von über zwei Metern Länge in einer Aufspannung bearbeiten kann, wurde testweise mit der HEMA-Rückwand ausgestattet.
Rückwandsystem für besondere Anforderungen
So sollte erprobt werden, ob bestimmte konstruktionsbedingte Nachteile der weit verbreiteten Teleskopstahlabdeckungen vermieden werden können. Wenn sich die Konstruktion bewährt, steht einem späteren serienmäßigen Einbau Nichts im Wege. So lieferte das Unternehmen bereits für zwei andere Maschinentypen des Herstellers Samurai-Faltenbälge als Prototypen mit denen der Ersatz von Teleskopstahlabdeckungen getestet wurde. Der Erfolg gab den Konstrukteuren recht: Für das neu geplante Nachfolgemodell sollen sie jetzt serienmäßig eingesetzt werden.
Die kundenspezifische Rückwand wurde im Werk in Einzelteilen konstruiert und zur Montage vor Ort beim Kunden ausgeliefert. Sie besteht aus zwei Samurai-Faltenbälgen mit den bewährten Metalllamellen, einem 4100 mm langen Auszug, einer Faceplatte komplett als Z-Achse, einer Helmschiene sowie der oberen und unteren Führung. Die Samurai-Faltenbälge bestehen aus den üblichen bewährten Metalllamellen und Faltenbalgmaterialien. Die besondere Herausforderung für die Konstrukteure an dieser Rückwand war, das HEMA-Komplettsystem in die bestehende Maschinenkonstruktion für die Stahlabdeckungen zu integrieren – was nicht nur technisch optimal, sondern auch optisch ansprechend gelungen ist.
Typische Probleme
Bei Maschinen, die große Hübe fahren müssen, verursacht das Seitenverhältnis der Teleskopstahlabdeckungen häufig Probleme. Dieses sollte unbedingt kleiner als 3:1 bleiben. Sollen bei großen Werkzeugmaschinen-Rückwänden die geforderten kleinen Zusammendruckmaße der Abdeckung erreicht werden, gerät das Seitenverhältnis allerdings sehr leicht über 3:1. Dann entsteht sogenannter „Stick Slip“, das heißt, es kommt zu einer selbsterregten Reibschwingung der aufeinander gleitenden Abdeckungssegmente mit unerwünschten Vibrationen und Geräuschentwicklung. Ein Effekt, der bei Faltenbälgen konstruktionsbedingt gar nicht auftreten kann, da die einzelnen Falten nicht aufeinander abgleiten. Verstärkt wird der „Stick Slip“ durch das Späneaufkommen und andere Verunreinigungen die bei der Zerspanung, insbesondere beim Schruppen, Schlichten und Feinschlichten, naturgemäß auftreten.
Hinzu kommt, dass die ordentliche Führung besonders großer Blechabdeckungen problematisch ist, so dass diese recht leicht auseinanderspringen können. Hohe Maschinenstillstandzeiten sind die unangenehme und kostenintensive Folge. Außerdem wurde beim Austausch von Teleskopstahlabdeckungen gegen ein HEMA-Rückwandsystem mit Samurai-Faltenbälgen schon sehr oft festgestellt, dass durch den homogenen Lauf eine deutliche Verbesserung der Zirkularbearbeitung erreicht werden kann.
Durchdachte Ideen für das perfekte Rückwandsystem
Die Produktion der Faltenbälge erfolgt auftragsspezifisch und kundenorientiert auf den eigens für HEMA entworfenen Fertigungsanlagen. Dafür werden zunächst die Falten auf modernen Maschinen maßgenau plissiert und zugeschnitten. Der dauerhafte Verbund des Obermaterials mit den Stütz- beziehungsweise Führungsrahmen geschieht anschließend auf vielerlei Weise: Durchdachte Verbindungstechniken mit verschweißten oder thermisch verklebten Führungsrahmen zählen zum Standard. Auch laminierte, mehrlagig verklebte Ausführungen gehören zum Programm. Die Führungselemente oder Gleitmaterialen sind genietet, verpresst oder geklebt.
Besonders hohe Anforderungen an die Faltenbälge gelten für Bereiche, die zum Beispiel einem starken Spänebeschuss und Funkenflug ausgesetzt sind. Für diese Anwendungen kommen die erwähnten Samurai-Faltenbälge mit Edelstahllamellen zum Einsatz. Die Lamellen verhindern, dass sich heiße Späne zwischen die Falten setzen und das Gewebe beschädigen.
Die Schutzabdeckungen müssen nicht nur den komplexen Geometrien in der Werkzeugmaschine folgen – gerade bei CNC-Bearbeitungszentren werden besondere Anforderungen gestellt, die aus den zunehmenden Verfahrgeschwindigkeiten resultieren. Zudem werden moderne Maschinen immer kompakter in ihren Abmessungen. Ein kleiner Bauraum hat höchste Priorität, oft soll die Abdeckung auch mehrere Achsen gleichzeitig schützen. Die Umsetzung dieser Anforderungen gestaltet sich nicht immer einfach und verlangt entsprechendes Know-how.
Ein Rückwandsystem schützt empfindliche Maschinenteile auf der Antriebsseite vor Verschmutzung durch den Fertigungsprozess. Für die Konstruktion von Rückwandsystemen für spanende Werkzeugmaschinen bilden die Samurai-Faltenbälge eine ideale Grundlage. Für die Verwendung in nicht-spanenden Umgebungen können die Rückwandsysteme auch auf Basis der Elastic-Faltenbälge erstellt werden. Auch können Faltenbälge auf Vorder- und Rückseite der Rückwandabdeckung verbaut werden, um einen beidseitigen Schutz zu erhalten.
Individuelle Spindeldurchführungen werden in jede Rückwandabdeckung integriert. Diese müssen die Arbeitsspindel dicht, aber flexibel umschließen, da sie beim Verfahren im Arbeitsraum mitgeführt werden. Die Rahmenkonstruktion der Rückwände wird aus verwindungssteifem Stahlblech hergestellt. Ein spezielles Verfahren optimiert die dynamische Belastung der Schutzsysteme, so dass es bei hohen Verfahrgeschwindigkeiten der Maschine nur zu geringer Wellenbildung kommt.
Alle Rückwandabdeckungen werden für die jeweilige Baureihe unter Berücksichtigung der individuellen Anforderungen aus Maschinengeometrie und Maschinensystem konzipiert, ausgelegt und gefertigt. Die HEMA-Ingenieure haben schon viele individuelle Rückwände für die unterschiedlichsten Werkzeugmaschinentypen konstruiert. Neben klassischen Rückwandabdeckungen mit Faltenbälgen für die X- und Y-Achsen und Spindeldurchführungen werden auch besondere Lösungen entwickelt, beispielsweise Trennwandsysteme für Komplettbearbeitungszentren, die die Arbeitsräume voneinander abschließen.
Eigener Testbereich für Sicherheit
Auf Wunsch werden die Anwendungen direkt beim Kunden besprochen und die Entwicklungen dann als 3D-Konstruktion umgesetzt. Auf diese Weise lassen sich bis zum endgültigen Fertigungsauftrag alle Anforderungen berücksichtigen. Eine lückenlose Dokumentation und Prüfung stellt sicher, dass sich alle Bauteile reproduzieren und ersetzen lassen.
Um dem Kunden das Maximum an Sicherheit und Zuverlässigkeit garantieren zu können, unterziehen die Experten von HEMA die Produkte einer intensiven Qualitätssicherung. In enger Zusammenarbeit mit externen Instituten prüfen sie Entwicklungen und Konstruktionen auf Praxistauglichkeit und simulieren Extremsituationen. Hierzu hat HEMA am Sitz in Seligenstadt einen Testbereich eingerichtet, in dem unter anderem Lebensdaueranalysen durchgeführt werden. Die Ingenieure beobachten beispielsweise das Knickverhalten der Materialien, entstehende Risse an Stützrahmen und den Verschleiß der Gleit- beziehungsweise Rollenführungen.
Nach den Prüfungen bekommt der Kunde alle Testergebnisse, die im Zusammenhang mit seinem Produkt stehen. Die bestellten Produkte werden dem Kunden montagegerecht und betriebsbereit als Einheit angeliefert.
Von Fikri Dursun.
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