12.02.2019 – Kategorie: Fertigung & Prototyping, Hardware & IT
Smarte Fertigung: Sicherer mit Blockchain?
Die digitale Prozesskette für intelligente Fertigungssysteme sicherer zu machen war das Ziel von Ingenieuren am US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology NIST. Dabei stießen sie auf ein schon andernorts bewährtes Verfahren, die Blockchain.
Die digitale Prozesskette für intelligente Fertigungssysteme sicherer zu machen war das Ziel von Ingenieuren am US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology NIST. Dabei stießen sie auf ein schon andernorts bewährtes Verfahren, die Blockchain.
Die Blockchain ist bislang eher bekannt für das Absichern von Transaktionen mit Bitcoin und anderen digitalen Währungen. Nach einem neuen Bericht des NIST sorgt sie aber auch für eine manipulationssichere Übertragung von Fertigungsdaten, und sie macht die Daten zudem für alle Teilnehmer am Produktionsprozess rückverfolgbar.
Thomas Hedberg, Maschinenbauingenieur am NIST und einer der Autoren des Berichts ist sich sicher, dass diese beiden Eigenschaften den Aufbau vertrauenswürdiger digitaler Fertigungsnetze ermöglichen.
Bei der Blockchain, vor zehn Jahren erstmals für sichere Transaktionen mit der digitalen Währung Bitcoin eingesetzt, handelt es sich um eine erweiterbare Liste von Datensätzen oder Blöcken, die individuelle Transaktionen der Mitglieder eines Netzwerks repräsentieren. Jeder Block besteht aus dem Datensatz, einem Zeitstempel, einem kryptografischen Hash (Streuwert) und dem Hash des vorhergehenden Blocks in der Kette, der die beiden Blöcke verknüpft. Somit ist jeder Block in der Kette mit dem vorhergehenden bis hin zum Ausgangsblock verbunden. Ändern sich Informationen in einem Block, so gilt dies auch für alle nachfolgenden Blöcke, und der Netzwerkverantwortliche wird alarmiert, weil die Daten möglicherweise manipuliert worden sind.
Der digitale rote Faden
Die digitale Prozesskette sollte zweidimensionale Konstruktions- und Fertigungsinformationen ersetzen helfen, also die technischen 2D-Pläne, die Blueprints, die ein Produkt über seinen gesamten Fertigungslebenszyklus begleiten. Auf jeder Stufe dieses Prozesses braucht es bislang Mitarbeiter, die Daten interpretieren, konvertieren, sich neu darin einarbeiten oder diese übertragen. Prozesse, die mit der digitalen Prozesskette, dem „Digital Thread“ organisiert sind, setzen hingegen auf dreidimensionale, digitalisierte Handlungsanweisungen, die sich von Beginn an elektronisch verarbeiten und weiterleiten lassen. Das spart Zeit und Kosten, und es hilft, menschliche Fehler zu eliminieren. Weil alle Schritte des Prozesses wie bei einer Finanztransaktion chronologisch aufeinander folgen, empfiehlt sich die Blockchain besonders für Digital-Thread-basierende Netzwerke, und zwar mit der Sicherheit, die sie auch bei Kryptowährungen bietet.
NIST-Informatiker Sylvere Krima und Hauptautor des Berichts erklärt: „Wenn ich ein Bauteil fertige und ich erhalte die Spezifikationen dafür aus der vorgelagerten Konstruktion, stellt die Blockchain sicher, dass die Daten auch wirklich von dort kommen und dass ihr ursprünglicher Inhalt unverändert übertragen worden ist. Weil die Kette fälschungssicher ist und die Blöcke mit Zeitstempeln versehen sind, erweist sich die Blockchain als robuste Lösung, um Daten an jedem Punkt des Produktlebenszyklus zu authentifizieren.“
Hedberg, Krima und Co-Autor Allison Barnard Feeney beschreiben mögliche Gefahren für die intelligente Fertigung, die vom Datendiebstahl über Manipulationen bis zur Zerstörung reichen. Sie zeigen auf, wie sich diese Gefahren, die den Fertigungsprozess empfindlich stören können, mit Hilfe der Blockchain entdecken und vermeiden lassen.
Hedberg nennt den Fall, dass Produktdaten aus der Konstruktion an die Fertigung gesandt werden, die wiederum aktualisierte Daten zur Verarbeitung des Produkts an eine weitere Fertigung übertragen muss. Wenn ein Datendieb das File auf dem Weg zwischen Fertigung 1 und 2 abgreife und gefälschte Daten an Fertigung 2 zu senden versuche, würde man das in Fertigung 2 sofort bemerken, da der Blockchain-Fingerabdruck der originalen Datei fehle.
Cybersicherheit und Rückverfolgbarkeit in der Praxis
Der NIST-Report geht außerdem auf die Unified Modeling Language (UML) ein, eine Modellierungssprache für den erfolgreichen Einsatz der Blockchain in intelligenten Fertigungsnetzen. Das beschriebene Informationsmodell werde, so Krima, Anwendern ermöglichen, alles in ihren Blöcken zu authentifizieren: woher kommen die Daten, wohin gehen sie, wer führt Änderungen an ihnen aus, wann haben diese Änderungen stattgefunden, was wurde geändert und wie wurden die Änderungen vorgenommen.
Das Ziel des Modells sei es, die digitale Prozesskette für die intelligente Fertigung abzusichern und dabei die Zusammenarbeit zu verbessern und Vertrauen zwischen den Produktionspartnern zu etablieren. Den Wert der Blockchain illustriert ein zweiter NIST-Report mit Anwendungsbeispielen aus drei Industriebereichen: aus der additiven Fertigung, der Entwicklung autonomer Fahrzeuge und aus der Pharmabranche. Sie veranschaulichen, wie sich das Zusammenspiel von Cybersicherheit und Nachverfolgbarkeit jeweils auszahlt.
Das NIST sucht derzeit nach Mitstreitern wie Unternehmen und Hochschulen, um den Einsatz der Blockchain in der intelligenten Fertigung voranzutreiben. Unter den bereits 30 Partnern der Interessengemeinschaft finden sich bekannte Namen wie IBM, Lockheed Martin, das Massachusetts Institute of Technology und die Pennsylvania State University.
Paper: S. Krima, T. Hedberg und A.B. Feeney. Securing the Digital Thread for Smart Manufacturing: A Reference Model for Blockchain-based Product Data Traceability. NIST Advanced Manufacturing Series 300-6, February 2019. DOI: 10.6028/NIST.AMS.300-6.
Bild: Die Blockchain-Technologie kann dazu beitragen, digitale Gefahren in intelligenten Fertigungssystemen zu erkennen und zu eliminieren. Credit: N. Hanacek/NIST
Teilen Sie die Meldung „Smarte Fertigung: Sicherer mit Blockchain?“ mit Ihren Kontakten: