03.05.2023 – Kategorie: Maschinenbau
Tischzentrifugen: Diese Motoren bringen sie richtig ins Schleudern
Tischzentrifugen für klinische und wissenschaftliche Anwendungen zeichnen sich vor allem durch ihre besonders kompakte Bauform aus. Eine minimale Geräuschentwicklung und ein geringer Energieverbrauch trotz größtmöglicher Leistung werden bei modernen Systemen vorausgesetzt. Die verwendete Antriebstechnik muss diesen Anforderungen entsprechen.
Die Groschopp AG aus dem niederrheinischen Viersen konzipiert und realisiert kundenspezifische Motoren für Zentrifugen. Durch schnelles Schleudern trennen Zentrifugen die Bestandteile von Suspensionen und Emulsionen. Benötigt werden solche Geräte sowohl in medizinischen Laboren als auch in der Forschung – zum Beispiel für die Untersuchung von Blutproben und Zellkulturen oder in der Mikro- und Molekularbiologie. Auf dem Markt erhältlich sind größere Standzentrifugen oder Tischmodelle mit einer kleinen Stellfläche. Ein typischer Antrieb für Tischzentrifugen sind Induktionsmotoren. Sie bieten für diesen Einsatz viele Vorteile: Weil die Wellenlager die einzigen Verschleißteile sind, ist diese Antriebslösung nahezu wartungsfrei. Zudem lassen sich Induktionsmotoren einfach durch Frequenzumrichter regeln.
Wartungsfreie Motoren für Tischzentrifugen
Eine Alternative sind die ebenfalls wartungsfreien, sehr kompakten Synchron-Reluktanzmotoren. Sie erreichen hohe Beschleunigungen und besitzen einen hohen Wirkungsgrad. Allerdings sind bei diesen Antriebsmodellen spezielle Umrichter für die Regelung nötig. Kommutatormotoren hingegen lassen sich einfach und kostengünstig regeln. Jedoch ist aufgrund des Bürstenverschleißes eine regelmäßige Wartung unabdingbar. Daher werden diese Antriebe heute nur noch selten eingesetzt.
Zahlreiche Anforderungen an die Antriebstechnik
Die Antriebslösung muss den Anforderungen der jeweiligen Zentrifuge entsprechen. Entscheidend ist, dass sie die benötigten Drehzahlen zuverlässig erreicht. In regulären Tischzentrifugen sind dies durchaus bis zu 26.000 U/min. Dabei dürfen die Geräte jedoch nicht zu heiß werden, um die empfindlichen Proben nicht zu beschädigen. „Daher verfügen viele Zentrifugen über eine aktive Kompressorkühlung“, erklärt Wolf Meyer, Produktmanager bei der Groschopp Vertriebsgesellschaft. Auch durch eine Auslegung der Wicklung, die insbesondere die magnetischen Eigenschaften, Wirkungsgrad und Leistungsfaktor des Motors sowie Umgebungstemperaturen berücksichtigt, lassen sich die Motorerwärmung verringern und der Energieverbrauch minimieren.
Weil Tischzentrifugen in Bezug auf eine möglichst geringe Stellfläche konzipiert sind, sind kompakte Motoren gefragt. Dabei ist vor allem die Gerätehöhe ein kritischer Faktor – schließlich stehen die Zentrifugen oft erhöht auf einem Labortisch, damit sie sich bequem be- und entladen lassen. Bei senkrechtem Einbau der Motoren bedeutet dies für die Bauform: Lieber kurz mit großem Durchmesser als lang und schlank.
Ein leiser und vibrationsarmer Betrieb der Tischzentrifugen
Ein Labor ist keine Produktionshalle – dementsprechend leise und vibrationsarm sollten die Motoren laufen. Erreichen lässt sich das unter anderem durch ein schweres, massives Motorgehäuse, das nur geringe Eigenschwingungen zulässt. Hierbei spielt auch die Materialverteilung – zum Beispiel die Ausbildung der Flansche – eine große Rolle. Hilfreich ist auch eine geringe Wellendurchbiegung. Sie wird durch einen möglichst kleinen Lagerabstand erreicht. Einen erhöhten Rundlauf gewährleisten die Experten von Groschopp durch eine definierte Wuchtgüte. Eine minimierte Restunwucht sorgt dafür, dass der Motor das System nicht zusätzlich anregt. „All diese Maßnahmen müssen durch Messungen in der Zentrifuge verifiziert werden“, so Wolf Meyer. „Nur so lässt sich der Motor für die jeweilige Zentrifuge optimieren.“ Bei der Messung der Vibrationen ist zum Beispiel nicht nur die Höhe des Ausschlags aussagekräftig, sondern auch bei welcher Frequenz er auftritt. Die Zentrifuge muss im Betriebsdrehzahlbereich ruhig laufen. Zudem sollten die kritischen Resonanzen möglichst weit davon entfernt sein und zügig durchfahren werden.
Auch bezüglich der Lautstärke gibt es einiges zu berücksichtigen: So achtet Groschopp nicht nur auf den absoluten Wert, sondern zusätzlich auf die Amplitude um den Mittelwert. Um hier beste Ergebnisse zu erzielen, sind gegebenenfalls aufwändige Tests erforderlich. „Auf Lautstärke und Vibrationen wirkt sich auch die Qualität der Wälzlager und ihre Schmierung aus“, betont Wolf Meyer. „Durch die auftretenden Axial- und Radiallasten ist neben der Auswahl geeigneter Lager ebenfalls die entsprechende Vorspannungseinstellung von entscheidender Bedeutung.“ Nicht zuletzt spielt die Gestaltung der Lagersitze (Fest-/Loslager) sowie des Schiebesitzes eine maßgebliche Rolle. Treten dann immer noch Eigenschwingungen auf, sind gegebenenfalls zusätzliche Sonderlösungen beim Design der Motorwelle erforderlich: „Die Entwicklung solcher Lösungen ist schwierig, oft sind mehrere iterative Schritte notwendig“, weiß Wolf Meyer. „Manche Sonderausführungen der Welle benötigen ebenfalls große Erfahrung in der Fertigung.“
Bürstenloser Gleichstrommotor für eine Mikroliterzentrifuge
Auch der Hersteller einer Mikroliterzentrifuge für den Einsatz zum Beispiel in der medizinischen Diagnostik weiß die langjährige Expertise zu schätzen. Er nutzt einen bürstenlosen Gleichstrommotor mit Hallsensor zur Motorregelung. Groschopp realisierte dies durch die Integration eines Elektronikchips auf der Platine, die ihrerseits B-seitig in das Lagerschild eingebunden ist. Auf Kundenwunsch wurde zusätzlich eine Unwuchterkennung auf derselben Platine vorgesehen. Die Programmierung der Platine erfolgt automatisiert und gleichzeitig mit der elektrischen Abnahme des Motors.
Die kundenseitigen Vorgaben für den Motor lauteten: maximale Drehzahl 14.000 U/min, Leistung 140 W und maximale Motorlänge 120 mm. Die Viersener Konstrukteure realisierten dies unter anderem durch kundenspezifische Lagerschilder aus Aluminiumspritzguss, eine sehr kompakte Wicklung für eine Spannung von 48 V. „Wir hatten kundenseitig lediglich die Vorgabe, dass die Spannung im Bereich zwischen 36 V und 60 V liegen sollte. Aus der Vorgabe für die maximale Motorlänge ergab sich für unsere Fertigung dann die optimale Spannung von 48 V“, erklärt Wolf Meyer. Auswahl und Schmierung der Wellenlager erfolgte auf Basis der Kundenvorgaben über die maximal auftretende Axialkraft und Eigenunwucht durch den Rotor der Zentrifuge. Die Vibrationen minimierte der Anbieter durch die Wahl einer entsprechenden Wuchtgüte. Zum Schutz vor gegebenenfalls eindringender Feuchtigkeit wurde die Motorwelle aus magnetisierbarem Edelstahl gefertigt. Zudem erhielt der Stator eine Lackierung mit einem Feuchtigkeitsschutzlack und das A-seitige Lager des Zentrifugenmotors wurde wie bei Groschopp üblich als Loslager ausgeführt.
Richtlinienkonforme Lösungen
Bei der Schutzart ergeben sich bei Tischzentrifugen normalerweise keine erhöhten Anforderungen – Labore sind generell saubere Betriebsumgebungen. Meist handelt es sich um den Verschmutzungsgrad 2, der bei der elektrischen Auslegung und Konzeption der Motoren zu berücksichtigen ist.
Alle Antriebe für Laborgeräte von Groschopp müssen so konzipiert sein, dass sie der Norm in diesem Bereich, der DIN EN 61010 Teil 1, entsprechen. „Die Konformität gemäß RoHS, REACH und EICC sowie optional UL/CSA-Zulassungen sind heutzutage selbstverständlich“, erläutert Wolf Meyer. „Kunden, die in China produzieren, können im Übrigen auch auf die Unterstützung unserer Kollegen an unserem Fertigungsstandort in China zurückgreifen.“ Als zusätzlichen Service für seine Kunden ist der Anbieter als Lieferant auf BOMcheck.net gelistet – das vereinfacht die Produktpflege für Kunde und Lieferant.
Fazit
Die Anforderungen an Tischzentrifugen lassen sich selten mit Motoren „von der Stange“ abdecken. Als Anbieter von Sonderantrieben verfügt Groschopp über das Know-how, um passende Lösungen zu konzipieren und umzusetzen.
Von Nabila Dewolfs.
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