04.10.2017 – Kategorie: Branchen

Zwei intelligente Fahrzeuge sind besser als eines

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Forscher der Ecole Polytechnique Fédérale des Lausanne EPFL haben die Daten von zwei intelligenten Fahrzeugen miteinander verknüpft. Das Ergebnis: ein vergrößertes Sichtfeld, verbesserte Wahrnehmung der Situation und mehr Sicherheit.

Forscher der Ecole Polytechnique Fédérale des Lausanne EPFL haben die Daten von zwei intelligenten Fahrzeugen miteinander verknüpft. Das Ergebnis: ein vergrößertes Sichtfeld, verbesserte Wahrnehmung der Situation und mehr Sicherheit.

Intelligente Fahrzeuge gewinnen ihre Intelligenz aus Kameras, LIDAR-Sensoren sowie Navigations- und Mappingsystemen. Doch man kann sie noch schlauer machen. Die Wissenschaftler der EPFL wollen die Verlässlichkeit und Fehlertoleranz dieser Systeme verbessern, indem sie die gesammelten Daten mit jenen von anderen Fahrzeugen kombinieren. Dies kann beispielsweise das Sichtfeld eines Autos verbessern, das einem anderen Auto hinterher fährt. Mit Simulatoren und Tests auf der Straße hat das Team ein flexibles Software-Framework für die Vernetzung der intelligenten Fahrzeuge entwickelt, das eine entsprechende Interaktion ermöglicht. „Heute konzentriert sich die Entwicklung intelligenter Fahrzeuge auf zwei Hauptaspekte – den Grad der Autonomie und den Grad der Kooperation“, sagt Alcherio Martinoli, der das Distributed Intelligent Systems and Algorithms Laboratory (DISAL) der EPFL leitet.

In den vergangenen Jahren hat sein Team an Fragen der Kooperation gearbeitet, die noch viel Aufmerksamkeit in der Industrie gewinnen müssten. Als Teil seiner Doktorarbeit hat Milos Vasic kooperative Algorithmen für das Erkennen entwickelt, welche die situationsspezifische Wahrnehmung durch das Fahrzeug erweitern. Sie kombinieren die Daten von Sensoren an Bord mit denen von benachbarten Fahrzeugen. Diese Algorithmen bilden die Grundlage für das Software-Framework. Für den Fall beispielsweise, dass ein Auto auf einer zweispurigen Straße ein anderes überholt, haben sie ein Assistenzsystem entwickelt, das die Risiken des Überholmanövers einschätzen kann. Die Risikobewertung bezieht die Wahrscheinlichkeit eines entgegenkommenden Fahrzeugs genauso mit ein wie die Fahrgeschwindigkeit, die zum Überholen benötigte Strecke und die Entfernung zum Gegenverkehr.

Die kooperative Wahrnehmung bedeutet, dass ein intelligentes Fahrzeug seine eigenen Daten mit jenen eines anderen Fahrzeugs kombinieren kann, etwa mit denen des zu überholenden, das naturgemäß ein größeres Sichtfeld hat. Damit lasse sich das Überholen sicherer und flüssiger gestalten, wie Vasic erklärt.

Zwei Fußgänger, wo nur einer ist

Zuerst verwendeten die Forscher einen Simulator, um ihre Algorithmen in verschiedenen Szenarien zu testen, sowohl mit kooperativen Fahrzeugen in der Nähe als auch ohne diese. Unterstützt vom Automobilhersteller PSA brachten sie dann ihr Projekt auf die Straße. Zwei elektrische Citroen C-Zero wurden mit einer Kamera on Mobileye, einem System zur genauen Lokalisierung, einem Router für die drahtlose Kommunikation, einem Rechner, auf dem die Software lief und einer externen Batterie für die gesamte Energieversorgung umgerüstet. Martinoli konzediert: „Das waren keine autonomen Fahrzeuge, aber wir haben sie mit handelsüblicher Ausstattung intelligent gemacht. Doch der Erfolg stellte sich nicht einfach ein. Eine der Schwierigkeiten beim Verschmelzen der Daten der beiden Fahrzeuge lag in der relativen Lokalisierung. Die Autos mussten in der Lage sein, genau zu wissen, wo sie sich im Verhältnis zueinander aber auch zu Objekten in der Umgebung befanden. Wenn ein einzelner Fußgänger nicht für beide Autos an genau demselben Punkt erscheint, besteht die Gefahr, dass beide Autos zusammen zwei Fußgänger anstelle von einem sehen.“

Durch den Einsatz anderer Signale, besonders jener der LIDAR-Sensoren und Kameras konnten die Wissenschaftler Fehler im Navigationssystem korrigieren und ihre Algorithmen anpassen. Umso anspruchsvoller erwies sich das insofern, als die Daten in Echtzeit berechnet werden mussten, während die Fahrzeuge unterwegs waren. Daher habe das Projekt auch dazu beigetragen, die Genauigkeit der Lokalisierung insgesamt zu verbessern, sagt Vasic.

Obschon die Tests mit nur zwei Fahrzeugen stattfanden, will man auf längere Sicht ein Netz zwischen mehreren Fahrzeugen als auch eines zwischen Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur schaffen.

Offene Fragen

Über die Fahrsicherheit und den Komfort hinaus ließen sich kooperative Netzwerke dieser Art schließlich auch für die Optimierung der Fahrzeugwege, für die Energieeinsparung und einen verbesserten Verkehrsfluss einsetzen. Dabei sind sich die Wissenschaftler jedoch im Klaren darüber, dass viele Fragen jenseits ihrer aktuellen Arbeit unbeantwortet bleiben, zuallererst die nach der Haftbarkeit bei einem Unfall. Diese zu bestimmen, was schon jetzt den Fahrzeugeigner, den Hersteller und den Softwareentwickler oder Händler einschließt, kompliziert sich noch einmal, wenn die Fahrzeuge kooperieren. Den Antworten auf derartige Fragen komme eine Schlüsselrolle für die Akzeptanz autonomer Fahrzeuge zu, wie Martinoli ausführt.

Bild:  Milos Vasic, PhD, und Alcherio Martinoli, Leiter Distributed Intelligent Systems and Algorithms Laboratory. 


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